Re: Wallis – Côte d’Azur: Aravis, Vercors, Monges

von: Biotom

Re: Wallis – Côte d’Azur: Aravis, Vercors, Monges - 04.12.22 12:37


Tag 7: Rosans – Col de Flachière – Eyguians – Clamensane – Esparron-la-Bâtie – Lac des Monges
89 km, 1500 Hm. Karte


Nach einer ziemlich erholsamen Nacht auf der Brücke radle ich an einer Charolais-Herde vorbei in den Sonnenaufgang, Richtung Col de Flachière.









In vielerlei Hinsicht ein herrliches Ding, so ein Brunnen verliebt





Ich fahre wunderbar-ruhig das Tal hinaus, und irgendwann wird es flacher:







Meine längste Gerade in diesem Jahr lach





Ja ok, megaerholt bin ich nach der Brückennacht doch nicht. Und die längere Pause in Laragne-Montéglin ist auch eher unentspannt… Nach sechs Tagen ziemlich ab vom Schuss überfordert mich die quirlige Kleinstadt – aber wenigstens finde ich was zu essen und ein bisschen Strom.





Die Routenwahl zwischen dem Buëch und der Durance? Auch eher missglückt. Aber ich mag nicht überoptimieren – und vor allem weiss ich nach 16 km stark befahrener Landstrasse wieder, warum ich den Schotter liebe. Und dank dem eher flachen Stück durchs Durance-Tal weiss ich auch wieder, warum ich die Berge liebe.







Ich war die letzten Tage immer ein bisschen knapp dran mit dem Essen, entsprechend nagt anfangs Sasse-Tal die Hungerkrise.





In einem ersten Dorf versorgen mich überaus freundliche Ferienhausbewohner mit Wasser. In einem weiteren Dorf will ich nochmals für Wasser schauen, denn ich weiss nicht, wie die Wasserversorgung in den Monges nach diesem überaus trockenen Sommer aussieht.
Bei der Kirche hat es einen Brunnen, und wenn man den Knopf drückt kommt sogar Wasser. Aber ist es trinkbar? Ich frage einen Mönch, der im Nachbarhaus verschwindet. Er meint, das Wasser sollte schon in Ordnung sein, aber die Bewohnerin drückt mir doch lieber eine Flasche Mineralwasser in die Hand – der Brunner sei schon lange nicht mehr gelaufen. Marie ist unglaublich nett und hilfsbereit: ob ich Hunger habe? Ich bejahe und sage, dass ich mir beim Brunnen was koche. Aber das lässt sie nicht zu: sie bereitet mir das leckerste Schinkensandwich zu, dass ich je genossen habe.
Sie hat Bekannte und zeigt mir das Album ihrer zahlreichen Begegnungen. Sie ist hier aufgewachsen und hat danach längere Zeit im Norden unterrichtet. Es macht sie sehr glücklich, dass es im Dorf noch immer eine Schule gibt. Und auch sonst macht sie einen überaus glücklichen Eindruck – kein Wunder, bei dieser Hilfsbereitschaft!
Zum Abschied sagt sie noch, ich solle aufpassen. Ich denke an Steinschlag und selbstverschuldete Stürze, aber sie sorgt sich, dass ich von einer Wildsau umgemäht werden könnte. Das hatte ich bisher nicht so auf dem Radar (ausser vielleicht bezüglich unangenehmer Begegnungen im Nachtlager), aber seit Marie habe ich das im Hinterkopf.







Frisch gestärkt und ermutigt mache ich mich an Aufstieg nach Esparron-la-Bâtie. Ich rechne mit einem toten Dorf, aber es hat ordentlich Verkehr. Wie ich oben feststelle, sind es vor allem Wanderer und Friedhofsbesucher.





Und richtige Einwohner hat es dort oben auch. Einer überlegt, wo ich übernachten könnte, aber ausser dem Refuge des Seignas (welche ich auf refuges.info ebenfalls gefunden hatte) ist alles voll oder zu. Das Problem an diesem Refuge: es ist ennet dem Col de Clapouse und entsprechend noch weit für die fortgeschrittene Stunde.







Ich tanke nochmal voll und radle weiter. Mit etwas Glück sollte ich es noch vor dem Einnachten zur Hütte schaffen – aber ach herrje, ich verfahre mich wegen einer neuen, unkartierten Schotterstrasse und verliere wertvolle Zeit. Ich finde den richtigen Weg und sause auf einer einsamen Piste kilometerweit dem Waldhang entlang, bevor ich unterhalb des Lac des Monges wieder auf Wandererautos treffe (die sind auf der besseren, nördlicheren Strasse hochgefahren). Klar bin ich spät dran, aber der Lac des Monges zieht mich magisch an. Zu Recht: erstens ist er wunderschön:





Und zweitens finde ich einen Übernachtungsort, den der Mann in Esparron nicht auf dem Radar hatte. Wunderbar verliebt





Nach einem anstrengenden Tag mit Verkehr und Hunger und Durst und Übernachtungsstress (aber auch mit sehr schönen Begegnungen) verbringe ich einen friedlich-einsamen Abend im Gîte des Monges – der ideale Ort für zeltlose Leute wie mich!







Gestern auf und nicht unter der Brücke, heute auf und nicht unter dem Tisch – alles wunderbar.





Die Abendstimmung verliebt











Nach dem Essen…





…falle ich todmüde auf den Tisch.