Re: Loire – besser als erwartet

von: Holger

Re: Loire – besser als erwartet - 29.01.23 19:29

Mit etwas Verzögerung nun der letzte Teil.


Etappe 9: Und dann kam die Flut
Saint-Brévin – La Barre des Monts, 103 km, 900 km


Der Teil „Loire“ ist so gut wie beendet, heute nur noch zweimal drüber. Allerdings nicht auf dem Rad, dazu war es mir zu windig, der Radstreifen zu schmal, die LKW zu viel. Ich nahm den Shuttlebus, der Radfahrer auf die andere Seite der Brücke bringt. Kostenlos.


Not by bike …


… but by Navette gratuite

Mein Ziel auf der anderen Seite war ein Hotel und ein Strand. Und ein Denkmal. An diesem Strand in Saint Marc sur Mer, einem Vorort von Saint-Nazaire, drehte Jacques Tati in den 1950er Jahren seinen Film „Die Ferien des Monsieur Hulot“. Ein Film, an dem sich die Geister scheiden. Ich finde ihn klasse. Und mache daher ein paar Fotos, vom Hotel, vom Strand, von der Statue. Leider ist die charakteristische Pfeife ein leiches Opfer … des Winds. Und so fehlt sie an der Statue.


Noch heute ein Hotel


Monsieur Hulot wacht über den Strand. Leider ist seine Pfeife abgebrochen



Nach den Fotos schnell wieder zurück zur Brücke, damit ich das Shuttle zurück noch bekam. Saint-Nazaire ist auf den ersten Blick auch nicht sonderlich sehenswert – vielleicht tue ich dem Ort auch unrecht, bin tatsächlich einfach nur durchgefahren. Im zweiten Weltkrieg wurde Saint-Nazaire stark zerstört, für die deutschen Besatzer war die Stadt ein als Hafenstadt strategisch sehr wichtig, hier war eine wichtige U-Boot-Basis der Nazis. Vorbei an ausgedehnten Werftanlagen fuhr ich zurück zum Haltepunkt des Shuttles – und mit dem Shuttle dann wieder ans südliche Ufer.


Kreuzfahrtschiffwerft


Der Seitenstreifen … nix für mich

Und auch die grundsätzliche Reiserichtung änderte sich. Ging es bisher westwärts, war nun der Süden als Ziel angesagt. Zunächst kilometerlang duch Saint-Brévin, Ferienhaus an Ferienhaus. Wenn mal keine Häuser am Straßenrand standen, dann waren es Campingplätze der ****- oder *****-Sterne-Klasse, mit hochaufragenden Schwimmbadrutschanlagen. Oder Wald. Insgesamt eher ein wenig – langweilig. Wieder könnte ich der Velodyssée folgen, meist ließ ich es bleiben, da ich die Sandpisten fürchtete. Ein sehr schöner Ortsname lockerte die Langeweile auf: Saint-Michel-Chef-Chef. Und nach ein paar weiteren Kilometern, und inzwischen auch in ordentlicher Hitze, ein schöner Ort. Pornic.


Ebbe in Pornic


Strandspaziergang

Pornic klingt bretonisch – und sieht auch so aus. Ein schöner, kleiner Badeort, okay, klein ist relativ, auch hier großflächige Ferienhausbesiedlung. Immerhin urlaubte sogar Lenin mal hier und schrieb, dass er seinen Urlaub sehr genoss. Auch ein schöner Hafen, den ich bei Ebbe erlebte. Leider, wie sich später herausstellen sollte. Nach Pornic kamen weitere Badeorte, ähnliches Aussehen, doch dann, ich war knapp 70 km gefahren heute, änderte sich die Landschaft an der Departementsgrenze. Ich verließ Loire Atlantique und kam in die Vendée, das Departement, in dem ich die meisten Kilometer zurücklegen würde. Alle flach.

Was änderte sich an der Landschaft? Es wurde sumpfiger und landwirtschaftlicher. Auch nicht wirklich aufregend, zumal ich nun weiter weg von der Küste fuhr und auch das Meer nicht mehr sah. In Bonn machte ich eine kurze Pause, um Unmengen kalter Cola light zu trinken. Okay, Bonn ist der bretonische Name, französisch ist es Bouin. Langsam machte ich mir doch Gedanken, ob ich mein Ziel heute noch erreichte, die Insel Noirmoutier. Die Entfernung war nicht das Problem, es waren noch ca 35 km bis zum Ende von Noirmoutier – dort wollte ich auf einem Campingplatz einen Ruhetag einlegen. Allerdings lag auf dem Weg die Passage du Gois. Ein Weg, der nur bei Ebbe befahrbar war.

Die Tour de France war hier zu Gast, 1999 kam es auf der rutschigen Strecke zu einem Massensturz, der einigen Favoriten gleich zu Beginn die Siegchancen nahm. Daran erinnerte ich mich – und wollte über die Passage du Gois auf die Insel fahren. Doch leider – zu spät. Die Flut war da. Ich machte noch ein Beweisfoto, sah überrascht, wie schnell das Meer stieg und fasste einen Ausweichplan.


Okay, offensichtlich Ende


Eine Straße ins Meer

Kurz vor der Brücke, die seit 1971 auch ein gezeitenunabhängiges Erreichen der Insel erlaubte, gab es einige Campingplätze. Das war der Ausweichplan. Allerdings war ein veritabler Umweg notwendig, direkt durch den Sumpf war nichts möglich. Und komoot schickte mich auf diesem Umweg über Wege, die … nun ja, zum Glück fuhr ich ein Gravelbike.


Flutbedingter Umweg, zum Glück habe ich ein Gravelbike

In La Barre-de-Monts deckte ich mich im Intermarché mit Ess- und Trinkbarem ein und machte mich auf zu meinem Campingplatz im Wald. Da war schon etwas Nachsaison, zum Glück hatte ich mich nicht darauf verlassen, dass das Campingplatzrestaurant offen hat. War schon etwas Nebensaison. Zelt aufgebaut, Klamotten gewaschen, etwas mit anderen Radfahrern unterhalten – ein Kleinfamilie. Sie waren mit zwei Rädern unterwegs, eins mit Anhänger für die kleine Tochter.


Etappe 10: Halber Ruhetag auf der Insel
La Barre des Monts – L‘Herbaudière, 32 km, 932 km

Dann mal den Rest von gestern, zum Ruhetagscampingplatz am Ende der Welt. Okay, am Ende der Insel. Die Hitze war nun weg, es waren sogar Gewitter angesagt. Ich nahm mir trotzdem Zeit, 30 km sind keine nicht zu bewältigende Aufgabe. Zunächst ging es über eine Brücke – mit einem ordentlichen Radweg. Seit 1971 gab es die, vorher war der einzige Weg auf Nourmoutier der über die Passage du Gois. Gezeitenabhängig. Irgendwann war der Verkehr denn doch zu viel und man baute die Brücke.


Diesmal keine gefährliche Brücke, diesmal per Rad


Zumindest bei Flut eine echte Insel

Dann schlängelte ich mich über die Insel in Richtung Campingplatz am Ende. Sehr gut ausgeschildertes Radwegenetz, trotzdem bin ich manchmal auf Straßen, weil die durch die Orte führten und nicht außen vorbei. Zudem, nun ja, so richtig heftig war der Verkehr denn auch nicht. Im Hauptort Noirmoutier gab es sogar mal wieder ein Schloss, gut, vielleicht eher eine Burg. Ich kurvte langsam durch das Städtchen und machte mich dann wieder auf in Richtung Strand.


Ein Schloss!


Nach Hause!

Gegen Mittag war ich am Campingplatz. Erwartet schön und überraschend teuer. Es ist ein recht einfach ausgestatteter Camping Municipal am letzten Ende der Insel, im Ort L“Herbaudière. Ich zahlte so viel wie auf keinem der – teilweise deutlich besser ausgestatteten – Campingplätze vorher auf dieser Reise. Etwas über 20 EUR für eine Person, ein Fahrrad und ein Zelt. Aber die Lage war großartig.

Nächster Programmpunkt: Faulenzen. Ein wenig durch den Ort und Hafen laufen, lesen, um das Inselende laufen, lesen, ins Zelt wg. Gewitter, lesen. E-Book-Reader sei dank. Ach ja, ein paar Fotos habe ich auch gemacht.


Schönster Campingplatz



Bei all der schönen Landschaft unübersehbar: im Zweiten Weltkrieg war die Insel für die deutschen Besatzer sehr wichtig. Viele Bunkeranlagen und Geschützstellungen zeugen noch heute davon – immerhin etwas aufgehübscht durch Graffiti.


Bunkeranlagen prägen das Ende der Insel

Zum Essen begab ich mich in eins der Restaurants im Hafen – für französische Verhältnisse recht früh, dennoch etwas überraschend als erster Gast. Es kamen dann noch eine deutsche Familie und ein französisches Ehepaar. Das war’s. Denn doch schon Nebensaison. Und, nun ja, richtig gut war das Essen auch nicht. Das machte immerhin der Blick auf den Hafen etwas wett.


Nachsaison


Die Sonne verschwindet

Nach dem Essen noch ein bisschen Spaziergang im Hafen und zwischen den Bunkern, gerade noch ein schöner Sonnenuntergang, dann setzte wieder etwas Regen ein. Und dann etwas Gewitter.


Etappe 11: Ein Hauch von Heimfahren
L‘Herbaudière – Saint-Vincent-sur-Jard, 119 km, 1,051 km

Vorletzte Etappe, und ich ließ es ruhiger angehen. Das Zelt war nass, ich wollte es etwas trocknen lassen, und entschied mich, erst zu frühstücken, und dann loszufahren.


Der Hafen von L’Herbaudière am Morgen

Der Plan war, küstennah wieder aufs Festland zu fahren – doch der „Weg“ war irgendwann eine Sandpiste. Das hatte mir komoot nicht verraten. Also drehte ich um und fuhr Straße. Das Wetter war wieder etwas besser, Sonne und ein ganzes Stück wärmer.


… auf den Kontinent …

Wie schon gestern fuhr ich manchmal die Vélodyssée, manchmal Straße. War doch häufiger mal arg sandig. Aber beides – langweilig. Auf der einen Seite Wald, auf der anderen wieder eine fast unendliche Menge an 4–5-Sterne-Campingplätze. Selten Meer. Not nice.


Aber der Strand ist schön

In Saint-Gilles-Croix-de-Vie änderte sich das. Die Küste wurde interessanter, an manchen Stellen sogar felsig. Und Saint-Gilles war erkennbar ein in früheren Zeiten bei wohlhabenderen Menschen beliebter Badeort. Viele Villen in der ersten Reihe, keine Hotelbunker. Die sollten heute noch kommen, das wusste ich da aber noch nicht…


Das Teufelsloch


Wer kann, der kann

Die Küste gefiel mir nun besser – auch wenn ich nicht immer direkt am Meer fuhr. Mehr Natur, weniger Campingplätze. Und nicht allzu aufdringliche Badeorte. Einen nutzte ich für einen Supermarktstopp. Und dann ging es wieder etwas weg vom Strand, in die Sümpfe, teilweise noch heute genutzt für den Salzabbau. Und hier fuhr ich wieder gerne auf der Velodyssée, gut fahrbarer Weg, keine Autos – und überraschend wenig Mücken.


Vorne Sümpfe, hinten Les Sables d’Olonne

Les Sables d’Olonne ist etwas größer, also waren da ein paar Vororte zwischen mir und dem Strand. Ich hatte kurz überlegt, hier Station zu machen – aber es war noch relativ früh und ich entschied mich, weiterzufahren, um es morgen kürzer bis nach La Rochelle zu haben. Eine kleine Pause ist natürlich trotzdem drin, ein Carrefour City in der City kam mir gerade recht. Am Strand merkte ich, dass das doch schon etwas größer ist. Ziemlich groß, lernte ich von Wikipedia: Frankreichs zweitgrößter Badeort. Was ist der Größte? Und wonach wird das gemessen? Das fand ich nicht raus, versuchte es zugegeben auch nicht. Architektonisch war es auf jeden Fall deutlich brutaler als die kleineren Orte bisher.


Nicht ganz die Copacabana. Aber immerhin

Für die Nacht waren wieder Gewitter angekündigt, da versuchte ich, auf diversen Buchungsportalen eine feste Unterkunft zu finden. Irgendwie gab es aber kaum etwas Bezahlbares, letzlich wurde es ein Mobilhome auf einem Campingplatz. Immerhin ein Campingplatz mit Restaurant, versprach mir dessen Website. Vor dem Campingplatz standen wieder Sümpfe auf dem Programm. Und kaum eine Steigung, aber das war ja schon seit Beginn der Reise so. Das Wetter war klasse. Ein paar Wolken drohten das Gewitter allerdings schon an.


Und nichtmal Mücken

In Jard-sur-Mer kaufte ich zwei kleine Puddings, wg. Restzweifel bzgl. Restauration. Zum Glück. Denn so richtig Restauration gab es auf dem sehr, sehr kleinen Campingplatz kaum. Und die Epicerie bestand aus Dosensuppen und Klopapier. Der Campingplatz wurde offensichtlich stark von Montagearbeitern genutzt, Touristen gab es nicht. Aber einen sehr, sehr netten und interessierten Campingplatzwart. So genoss ich meine Puddings und ein bisschen Notfallharibo als Abendessen und las etwas in der ersten festen Unterkunft seit Blois.


Mein Zuhause


Etappe 12: Fini
Saint-Vincent-sur-Jard – La Rochelle, 76 km, 1,127 km

Der versprochene Regen war ausgeblieben, der Campintplatz war trocken. Doch schon ein paar Kilometer weiter, in Saint-Vincent-sur-Jard, waren die Straßen nass. Ich nehme es vorweg: auf dem Rad blieb ich auch am letzten Tag der Reise trocken. Fast nur Sonne.


Saint-Vincent-sur-Jard – Frühstücksort


Start zur letzten Etappe

Nach Croissant, Pain au Chocolat und O-Saft und einem Blick auf das Ferienhaus von Georges Clemenceau machte ich mich auf. Die letzte Etappe. Zwischen Straße und Strand lag ein Wald – und wieder viele Campingplätze. Tranche-sur-Mer, ein weiterer Ferienort, wieder einer der nicht so Schrecklichen. Ich irrte ein wenig durch den Ort auf der Suche nach dem ausgeschilderten Leuchtturm, der dann aber nicht so spektakulär war wie erwartet. Ein kurzer Besuch eines kleinen Supermarktes, eine ebenfalls kurze Pause auf dem Marktplatz, dann fuhr ich weiter. Wieder viele Campingplätze, wieder ein schöner Badeort, La-Faute-sur-mer. Dort fuhr ich dann in eine ganz ungewohnte Richtung, nach Osten, ein wenig weg vom Meer. Die Baie de l’Aiguillon, ein Naturschutzgebiet, musste umfahren werden. Als die Route wieder Richtung Süden drehte, verließ ich die Vendée und kam in mein letztes Departement der Reise, Charente-Maritime.

Nach Campingplätzen kommen Sümpfe, das war eine der Konstanten der letzten Tage. Also auch heute. Und etwas Neues durfte ich erleben: Ein wenig Gegenwind. Gut, auf den letzten 20 km der Reise war das akzeptabel. Lustigerweise traf ich die Familie wieder, die ich auf dem Campingplatz vor der Insel Noirmoutier traf. Wir machten gemeinsam eine kurze Rast vor einem Minisupermarkt mit Boulangerie in Charron, dann fuhr ich weiter.


Wieder Sümpfe


Der tut nicht mehr

Die letzten Kilometer nach La Rochelle waren nicht mehr sehr aufregend. Und irgendwie geriet ich auf eine ordentlich befahrene Straße. Ich erreichte La Rochelle in Nähe der Universität – es war eine große Menge Jungvolk auf Rädern unterwegs. Ein ordentlicher Gegensatz zum Start im Rentnerort Vichy…

Ich erreichte das Hotel, gibt’s einen Platz für das Rad? Ja klar, hier im Innenhof. Nein, abschließbar ist der leider nicht. Und nein, hier gibt es auch nichts, um das Rad anzuschließen. Okay, nee, wofür habe ich eine Radtasche. Da kam das Rad rein und mit aufs Zimmer.


Jean Guiton. Der war hier mal Bürgermeister.









La Rochelle gefiel mir auf Anhieb. Das Hotel lag zentral, ich lief gleich los, um die Stadt etwas zu erkunden. Lebendig. Der erste Eindruck bestätigte sich auch hier, ziemlich viele junge Leute. Ein bisschen schlenderte ich durch die Gassen, um den Hafen und stapfte auf den Tour Saint-Nicolas, einen der alten Türme, die den Hafen bewachten. Heute: Schöner Blick über die Stadt. Danach ging ich nochmal kurz ins Hotel, Handy aufladen und meine Lieblingsvorabendsendung in Frankreich schauen: N’oubliez pas les paroles. Okay, so viele Vorabendsendungen kenne ich denn auch nicht …

Dann war das Handy geladen und ich musste überlegen, was ich essen wollte. Schnell war die Entscheidung nicht gefallen, aber letztlich fiel die Wahl auf ein bretonisches Restaurant. Wenn schon fast in der Bretagne war, dann darf das auch mal. Kir Breton, Cidre, Galettes. Und danach noch ein Eis. Und danach noch ein bisschen durch die Gassen schlendern, dann ins Hotel. Heia.


N’oubliez pas les paroles


Zur Abwechslung mal bretonisch essen


Epilog: Boot und Bahn

Zwei Tage Urlaub blieben mir noch. Und heute der einzige Tag, an dem ich nicht auf dem Rad saß. Ich verzichtete auf den Ausflug per Rad auf die Ile-du-Ré, verzichtete auf Gegenwind und die Fahrt durch Industrievororte. Statt dessen nahm ich lieber das Boot. Aber erstmal geht’s durch die morgendliche Stadt zum Hafen. Dort stand ich erstmal auf der falschen Seite. Die Schiffe zur Île de Ré legten auf der anderen Hafenseite ab, also musste ich mit dem Shuttle-Boot rübermachen.


Markt



Wie schon Noirmoutier ist auch die Ile du Ré schee. Ich ließt mir Zeit, lief höchst langsam durch die Gassen von St. Martin, dem Hauptort der Insel. Kleine, weiße Häuser, Restaurants, Hotels, Boutiquen, alles nicht so richtig teuer. Außer dem Kirchturm besichtigte ich nichts – doch den Überblick ließ ich mir nicht nehmen. Dann wieder ein paar Meter laufen, irgendwo ans Meer setzen, was lesen, weiterlaufen, wieder hinsetzen, wieder lesen usw. Und natürlich Fotos machen, ein paar davon folgen nun.


Auf die Insel




Drahtwurst


Saint-Martin-de-Ré von oben



Irgendwann fuhr der Bus zurück, da musste ich hinlaufen. Vorbei an einem Riesenknast, Wikipedia verriet mir, dass es das größte französische Gefängnis für Langzeitgefangene mit geringen Resozialisierungschancen ist. Nun gut, auch das wollte ich nicht besichtigen.
Zurück in La Rochelle behielt ich mein langsames Tempo bei. Teilweise ging es auch nicht anders: Bald war Samstagabend, und es war die Hölle los. Es ist eine Universitätsstadt. Fast machte ich mir Sorgen, keinen Platz in einem Restaurant mehr zu finden – aber das klappte noch. Ich war ja wie immer ziemlich früh für französische Verhältnisse.


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Sonntag. Letzter Urlaubstag. Frühstück im Hotel, nochmal ein Stadtrundgang durch das am Sonntagmorgen noch ausgestorbene La Rochelle, bisschen Verpflegung für die Rückfahrt kaufen. Und lustigerweise traf ich nochmal die Familie vom Campingplatz vor Noirmoutier. Sie machten einen Ruhetag in La Rochelle, dann fuhren sie weiter nach Süden. Ich dagegen holte Rad und Gepäck vom Hotel ab und begab mich zum Bahnhof.





Der Zug nach Paris-Montparnasse wurde hier in La Rochelle eingesetzt, und er stand schon recht früh am Bahnsteig. Das war mir ganz recht, ein wenig machte ich mir schon Gedanken, ob ich mitgenommen werde. In der Radtasche wird das Rad zwar kleiner, aber deutlich zu groß für die Gepäckfächer. Doch es passte, es gab so eine Nische mit einem Notsitz, die kaperte ich für das Rad und zurrte es fest.


Hoffentlich passt das so in den TGV


Es passt

Nach und nach füllte sich der Zug, auf dem letzten Stück war jeder Platz besetzt. In Paris baute ich das Rad auf dem Bahnsteig zusammen und schob das Rad aus dem Bahnhof auf die Rue de l’Arrivée. Ich freute mich über den Straßennamen und ärgerte mich, dass ich meine geplante Route nicht laden konnte. Dann also einfach ohne Route. Knappe zwei Stunden hatte ich bis zur Abfahrt des ICE nach Frankfurt aus der Gare de l’Est. Erstes Ziel: Jardin du Luxembourg. Lieblingsort in Paris. Dann Saint Sulpice, Saint Germain, Pont des Arts, Louvre, die erfreulich verkehrsberuhigte Rue du Rivoli, ein bisschen 1. Arrondissement, Rue St. Dénis et enfin … Gare de l’Est. Ich hatte noch genügend Zeit, vermutete die Abfahrt im östlichen Teil der Bahnhofshalle, zu Recht, war früh am Zug, verpackte das Rad, hatte wieder etwas Sorge, nicht mitgenommen zu werden, zu Unrecht, hatte glücklicherweise einen Platz in der ersten Klasse gebucht und konnte das Rad verstauen. Und am späten Abend war ich in Frankfurt.


Offensichtlich nicht nur bei mir sehr beliebter Jardin du Luxembourg


Etwas Kultur muss sein, zumindest von außen


Die letzten Kilometer der Reise sind geschafft, Stadtverkehr durch Paris


Und auch im ICE findet das Rad seinen Platz


Arrivé


Das war‘s
Highlights
  • Loire. Vorher war ich mir nicht so sicher, ob es mir nicht langweilig werden würde am Fluss. Wurde es nicht. Unregulierte Flüsse haben was
  • Schlösser. Na klar. Chambord natürlich, „mein“ Schloss Chenonceau, Amboise – aber auch die vielen kleineren, mir nicht bekannten, an denen ich vorbeifuhr
  • Loireradweg. Das letzte (oder erste) Stück des EuroVelo 6. Gut ausgeschildert, gut ausgebaut, meist mit Flussblick.
  • Campingplätze. Viele schöne Campingplätze an der Loire. Nicht sehr teuer, auf Radreisende eingestellt. Top. Jeder, auf dem ich war, hat mir gefallen.
  • Nantes. Viele schöne Campingplätze an der Loire. Nicht sehr teuer, auf Radreisende eingestellt. Top. Jeder, auf dem ich war, hat mir gefallen.
  • Monsieur Hulot. Hier muss ich nochmal hin. War nur über Mittag dort, mit dem Rad durchgefahren, kurze Mittagspause. Was ich sah, machte mir Spaß und Lust auf mehr.
  • Noirmoutier und Ré. Die schönen Abwechslungen an der langweiligen Atlantikküste. Flache Inseln, etwas entschleunigt und im Meer. Gut, Inseln halt.
  • La Rochelle. Krönender Schlusspunkt. Lebendige, schöne Stadt. Hafen, Laubengänge, Restaurants etc.


Nicht so Highlights
  • Atlantikküste. Flach. Langweilig. Unmengen Campingfabriken. Gesichtslose Urlaubsorte. Immerhin gibt’s ein paar Ausnahmen. Und Ebbe und Flut hat es, das entschädigt ein wenig.
  • Tours. Hm, da bin ich nur kurz durchgefahren, aber es hat mich absolut nicht vom Hocker gerissen.
  • Wenige Teilstücke des Loireradwegs. Zum Beispiel kurz vor Nantes: Eng, direkt an der Bahnlinie, Fluss unsichtbar. Zum Glück sind das aber tatsächlich wenige Ausnahmen.


Ausrüstung
  • Rad. Gravelrad. Canyon Grail 7.0 al. Inzwischen Lieblingsreiserad. Nichts für Trails, aber ansonsten passt alles.
  • Gepäck. Bikepackingtaschen von Restrap. Packsack und Lenkertasche Wasserdicht, die anderen bei starkem Regen nicht ganz. Sommerklamotten, davon wenige, fast keine Baumwolle.
  • Technik. Handy, Kamera, touristische Info, Wetterinfo, Fotobearbeitung, Blog-Backend: Samsung Galaxy s22+. Navi: Garmin Edge 1040 Solar. Auf der gesamten Reise einmal aufgeladen. Route: Komplett vorab mit komoot geplant und über Garmin Connect auf das Navi. Unterwegs kürzere Teilstücke neu- bzw. umgeplant. E-Book-Reader: Tolino, weiß gerade nicht, welcher.
  • Zelt. Decathlon Forclaz MT900 für zwei Personen. Für mich alleine ideal. Platz neben Isomatte, ich kann aufrecht sitzen und es überstand Gewitternacht trocken. Also, innen trocken.


Statistik
  • Fahrtrichtung. 15,7 % Richtung West. 1,8 in Richtung Nordost. 67,6 in westliche Richtungen (SSW bis NNW). 25 % in östliche (NNO bis SSO).
  • Regionen. 534 km Pays-de-la-Loire. 445 km Centre-Val-de-Loire. 107 km Bourgogne-Franche-Comté. 21 km Auvergne-Rhône-Alpes. 20 km Nouvelle Aquitaine.
  • Départements. Am meisten Kilometer: 237 im Département Vendée (85). Am wenigsten: 20 in Charente-Maritime(17). 458 km in Départements mit Loire im Namen: 181 Loire-Atlantique (44) 130 Indre-et-Loire (37), 116 Maine-et-Loire (49), 31 Saône-et-Loire (71)
  • Mittelwert Départements 43 – Haute Loire
  • Gewichteter Mittelwert Départements 51 – Marne


Schee war’s.