Re: Deutsche Bahn - es ist zum heulen

von: veloträumer

Re: Deutsche Bahn - es ist zum heulen - 07.03.24 20:37

In Antwort auf: sugu
In Antwort auf: buche
Diese Sparpreise hat der Mehdorn bei der DB eingeführt. Mehdorn kam von der Lufthansa, und hat von da die Idee mitgebracht, dass man die Auslastung der Züge steuern kann, wenn man die Tarife besonders teuer macht, und dann für nicht ausgelastete Relationen großzügige Rabatte gewährt.
Mehdorn war nie bei der Lufthansa im Tarifgeschäft, sondern nur kurz bei der Technik. Und Angebote zu verkehrsschwachen Zeiten gab es schon vorher. Das erste war das "Schöne Wochenende" und 1991 der ICE-Sparpreis.In der Mehdorn-Ära wurde das dann 2002 richtig unübersichtlich. Dazu hatte er von der Lufthansa eine Managerin zur Bahn abgeworben.
Soll man nicht zu hoch hängen, letztlich ist das eine Logik, die für alle Verkehrsträger und darüber hinaus ins Spiel kommt, vom Leihwagentarif an besonders nachgefragten Tagen bis hin zu Buchungspreisen für unterschiedlich ausgelastete Hotels usw. Genau genommen wurde das Auslesen von Datenbanken für den spontanen Niedrigpreisverkauf von Restposten (last minute) von Karlheinz Kögel erdacht, war aber nichts anderes als eine Datenbankanwendung, die auf das zurückgriff, was in der Erfassung von Musikcharts bereits Anwendung fand (Media Control). Die Anwendung auf Frühbucher und Auslastungsprognosen ist dabei nur eine geringe Nuance zum Last-Minute-Verkauf. Schuld ist also letztlich die Musikbranche und eine VW-Bus-Tour nach Indien in einer Sinnkrise eines SWR-Redakteurs. lach

Soweit finden unterschiedliche Preise für Auslastung auch in anderen europäischen Bahngesellschaften statt, ist m.W. sogar in Frankreich früher eingeführt worden. In Frankreich ist es auch brisanter an Auslastungssteuerung gekoppelt, weil nur Sitzplätze verkauft werden und es keine Stehplatzkapazitäten für Spitzenzeiten gibt. Die Systeme haben so oder so ihre Vor- und Nachteile. Dass eine fixe Grundpreisordnung für den Kunden vorteilhaft enden wird, glaube ich nicht - zumindest nicht in Deutschland. Die Erfahrung lehrt, dass durch solche Systemumschwünge die Preise insgesamt steigen und zunehmend Kunden ganz ausgeschlossen werden, sofern nicht wieder neue staatliche Sozialleistungen aktiviert werden sollen.

Anders gesagt, bei dem aktuellen Sparpreis-Lambada profitieren immer noch mehr Menschen von günstigen Angeboten als bei einer moderierten Fixpreisstruktur. Das man dabei ab und zu am Nasenring durch die Spaßarena gezogen wird, gehört mit zum Spiel, dass aber selten einseitig gewünscht ist. Die Schnäppchenjagdkultur besteht ja nicht nur in der Bahnfahrgemeinde, ist woanders noch weit stärker ausgeprägt und von vielen Kunden gewünschte Smart-Kultur.

Man kann das auch mit anderen Forderungen vergleichen, Lebensmittelpreise sollen nachhaltig hoch sein, damit die Waren wieder mehr wertgeschätzt werden, keine Sonderangebote mehr, sondern geordnete Stammpreise und ein paar Grundnahrungsmittel für beständig niedrige Preise. Würde in Deutschland gleich zu massenhafter Armut und einer weiteren Gesellschaftsspaltung führen (das Steak nur noch für Reiche, Soja für die Masse), während es heute eine fragwürdige und doch funktionierende Allianz von superreichen Lebensmittelhändlern mit discountpreisabhängigen niedrigen Einkommensschichten gibt. Die Welt, ich weiß, ist kompliziert und immer ein bisschen unschön. Für die, die auf der falschen Seite stehen, ist sie dabei immer noch etwas unschöner. Die anderen sind die Spieler an der Systemuhr, denen immer wieder was einfällt, wie sie die Säckel voller machen können.