Hallo in die Runde!

Wenn dieser Threat jetzt noch mal nach vorne gekommen ist, geb ich auch noch meine Meinung ab. Bin zwar neu hier im Forum, aber zwischen Barcelona und Andalucia war ich schon richtig oft mit dem Rad unterwegs und kenne bis auf kurze Abschnitte quasi die ganze Strecke.

Grob gesagt ist ganz subjektiv etwa die Hälfte der Strecke doch ganz nett bis erstaunlich schön, die andere Hälfte ist unspektakulär bis latent grausig. Ganz viel fährt man über Strandpromenaden und an Hotelburgen vorbei. Im Winter ist das eher von leicht morbider Tristesse, aber verkehrsarm zu fahren, im Hochsommer ist verkehrsmäßig vielerorts die Hölle los.

Bis an die Küste von Murcia (die Städte Cartagena und Aquilas) kann auch der Zug mit Fahrrad genutzt werden. Zum Teil S-Bahnnetz im Stunden-Takt, außerhalb der großen Städte aber auch mal nur ein bis drei Züge am Tag.

Strecken durchs spanische Hinterland sind aus vielerlei Hinsicht wesentlich reizvoller, kaum besiedelt, wenig Verkehr, spektakuläre Landschaften etc., allerdings sind solche Routen immer mit wesentlich mehr Höhenmetern verbunden und wegen der Routenführung meist auch länger. „Spain is pain“ und „Spain is never plain“ sind die gängigen Sprüche in der Szene.

Der Vorteil an der Küste entlang zu fahren ist, dass man sich die Rosinen rauspicken und die uninteressanten Abschnitte mit dem Zug überbrücken kann. So gestaltet, sinds paar schöne Tage am Meer entlang.

Bis Almeria ist es möglich die berüchtigten Schnellstrassen N-340 bzw. N-332 komplett zu umgehen. Ab dort lassen sie sich allerdings nicht mehr vermeiden. Allerdings ist die Routenführung dann bis Almeria abschnittsweise schon ein ganz schönes Gebastel, um sich von Strandpromenade zu Strandpromenade zu hangeln. Da empfiehlt es sich in irgendeiner Form einen Track dabeizuhaben.

Mal eben paar Kilometer ins Hinterland abzubiegen, ist oftmals nicht wirklich sinnig, weil entweder ist das Hinterland gleich schon hügelig und damit zeitraubend weil anstrengend und verwinkelt. Oder aber das Hinterland ist flach, dann ist aber entweder besiedelt, oder intensiv landwirtschaftlich genutzt, was ja beides meist nur mäßig reizvoll ist.

In welchen Abschnitten der EV8 markiert ist, sieht man entweder auf der offiziellen Webseite de.eurovelo.com oder auch auf der Seite cycling.waymarkedtrails.org.
Derzeit ist die Strecke nur in den Provinzen Alicante, Murcia und Almeria markiert. In Almeria hab ich das auch bewusst gesehen, ist ganz vorbildlich gemacht. Der EV8 wird in diesen Provinzen hauptsächlich über Nebenstraßen geführt, in Alicante und nördlich in Valencia auch mal über Bahntrassenradwege.

Die Strecke aus Barcelona raus ist auf der offiziellen Seite mit leichter Hand als gerade Linie über ein hohes Küstengebirge skizziert, ohne Rücksicht auf Topografie oder vorhandene Straßen oder Wege. Dort scheint die Strecke noch nicht einmal projektiert zu sein. Sieht anstrengend aus.

Alternativ gibt es einen landschaftlich sehr schönen Abschnitt an der Küste entlang über die C-31 von Castellfels nach Sidges.
Bis Castellfels würde ich auf jeden Fall mit der S-Bahn fahren. So gut die Fahrrad-Infrastruktur in Barcelona-City inzwischen auch ist, der Weg raus durch die Vororte und Industriegebiete, am Flughafen vorbei, ist keine Freude.

Von Sigdes bis Tarragona kommen Strandpromenaden bis zum Abwinken, Tarragona selbst ist nett und hat eine viel längere Geschichte als Barcelona. Aus Tarragona raus nach Cambrils geht erstaunlich gut und dann kommen wieder Strandpromenaden bis Hospitalet de l`Infant. Bis hierhin kann man auch getrost mit dem Zug fahren ohne groß was verpasst zu haben.

Nach Hospitalet kommt man an einem Atomkraftwerk vorbei und unmittelbar danach gibt’s endlich mal eine lohnende Nebenstrecke durchs Hinterland, über eine aufgelassene Schnellstrasse gelangt man bis El Perello und weiter über Sträßchen bis an den Ebro. Von dort weiter durchs Hinterland am letzten katalonischen Dorf Ulldecona vorbei bis Peniscola, der EV8 biegt früher ans Meer ab, dort hat man wieder Strandpromenaden. Dieser Abschnitt von Hospitalet bis Peniscola ist nicht sonderlich spektakulär, man fährt meistens durch Plantagen, aber ohne Verkehr und man kanns einfach mal laufen lassen. Die Originalstrecke des EV8 führt von Hospitalet d´Infants weiter am Meer entlang und durchs Ebrodelta, das ist erstaunlich langweilig.

Ab Peniscola wird’s dann mal richtig schön bis kurz vor Castellon. Erst geht es über eine quasi nicht von Autos befahrenen Schotterpiste am Meer entlang durch den Naturpark der Serra d`Irta bis Alcossebre und dann weiter sehr hübsch auf kleinen Sträßchen am Meer entlang bis Torrenostra. Hier beginnt ein weiterer Fahrradweg, der das dortige Sumpfgebiet (ebenfalls Naturpark) umgeht. Es gibt eine Stichstraße ans Meer, der Umweg lohnt sich, weite, einsame Strände. Von Orpesa führt dann noch ein netter Bahnradweg bis Benicassim. Im nahegelegenen Castellon hat man Anschluss an das S-Bahnnetz von Valencia.

Mit dem Fahrrad ist die Stecke ab hier bis Valencia nicht mehr so prickelnd. Kann man zwar fahren, ist aber ein wildes Gegurke zwischen Hafenanlagen, Strandpromenaden und Ackerflächen. Auf der Höhe Pucol muss man dann ins Landesinnere, da ab dort eine Schnellstraße am Meer entlangführt. Nach Valencia rein gibt’s einen Fahrradweg, der straßenbegleitend oder aber durch Gemüsefelder geführt wird. Harmlos aber unspannend.

Den Originaltrack es EV8 aus Valencia raus kenn ich nicht. Ich bin mal zwischen dem Binnenmeer Albufera und der Küste gefahren. Das ging aus der Stadt raus erstaunlich gut auf eigenem Fahrradweg, der sich irgendwann nach den ersten Stränden auf einer vielbefahrenen Straße verloren hat. Ab da wars eher unschön, vor Sueca konnte ich noch durch Reisfelder auskneifen, aber ab Sueca besteht die Alternative zwischen Strandpromenaden oder kleinklein auf Feldwegen in Autobahnnähe.
Ab Gandia wird’s dann wieder schön, bis dahin würde ich mit der S-Bahn fahren, eigentlich schon ab Castellon mit Umsteigen und kurzer Stadtrunde in Valencia.

Ab Gandia verlässt der EV8 dann die Küste, ab hier würde es nur noch abschnittsweise auf Schnellstraße weiter am Meer entlang gehen. Die wesentlich schönere Route verläuft auf ehemaliger Bahnstrecke durchs Tal des Rio Serpis erst auf Piste und dann auf Wirtschaftswegen lange hinauf bis in das Städtchen Alcoy und weiter auf Bahnradweg bis auf die Südseite des Küstengebirges. Von hier geht es auf kleinen Sträßchen abwärts bis Alicante. Der EV8 nützt hier auf der Südseite eine weitere Bahntrasse, die war aber vor drei Jahren zumindest in einem sehr üblen Zustand.

Der Gegend von Alicante aus über Elche bis Murcia ist sehr dicht besiedelt, dazwischen landwirtschaftlich intensiv genutzt und macht ganz subjektiv einen etwas lieblosen Eindruck. Auch hier empfiehlt sich die S-Bahn zwischen den Städten. Der EV8 versucht verzweifelt das Beste draus zu machen und schlängelt sich etwas bemüht durch die Äcker und Plantagen.
Die Einfahrt nach Murcia selbst ist ab Orihuela ganz nett an einem Flüsschen entlang auf eigenem Radweg, aber auch nicht der ganz große Highlight. Aus Murcia raus geht’s durch ein kleines, erstaunlich hübsches Tal über ein kleines Küstengebirge und dann wieder durch Ackerland am Binnenmeer Mar Menor vorbei, das vielleicht vor 50 Jahren noch hübsch war. Kurz vor Cartagena macht der EV8 noch einen etwas seltsamen und sehr anstrengenden Schlenker über eine Landzunge. Von Alicante kann man ohne Umsteigen mit dem Zug nach Cartagena fahren, allerdings nur einmal täglich am Abend. Ins nächste Küstenstädtchen Aguilas fährt immerhin dreimal am Tag die S-Bahn von Murcia.

Ab Cartagena wird’s dann wieder schön und es geht auf relativ wenig bis moderat befahrenen Straßen aber abschnittsweise auch ganz schön hügelig der Küste entlang bis nach Almeria. Zwischen Vera-Playa und Mojacar ist verkehrmäßig mehr los, aber es gibt Fahrradwege oder breite Seitenstreifen. Vor Almeria empfiehlt es sich wirklich die Küste am Cabo de Gata ganz auszufahren und nicht durchs Landesinnere abzukürzen. Dieser Abschnitt ist einer der Schönsten der gesamten Strecke!

Ab Almeria verliert die Küstenstrecke dann zunehmend ihren Reiz. Zuerst mäandert der EV8 noch durch die Gewächshauslandschaften bis El Ejido, das ist nicht schön, aber zumindest interessant zu kucken wie das deutsche Discountergemüse so angebaut wird. Ab El Ejido muss man dann zwangsläufig auf die Bundestraße N-340. Diese ist zwar inzwischen vom Durchgangsverkehr verschont, weil parallel eine neue mautfreie Autobahn verläuft, gleichwohl ist jeder Zentimeter in den Buchten touristisch erschlossen und es gibt ziemlich viel Regionalverkehr. Die Strecke bis Nerja kurz vor Malaga quert viele Gebirgsausläufer, die hier bis ins Meer ragen und es ist ein stetes Auf- und Ab mit vielen fiesen Rampen. Trotzdem ist es bis Malaga noch so halbwegs nett, obwohl die Alternativen durchs Landesinnere unendlich viel schöner sind. Alternativ bietet sich entweder eine Strecke entlang der Südausläufer der Sierra Nevada, den sogenannten Alpujarras an, oder aber durch die Wüste von Tabernas hoch nach Guadix und in spektakulärer Abfahrt runter nach Granada.

Ab Malaga schließe ich der Meinung der anderen Forumsteilnehmer*innen an, da würde ich im Leben nicht freiwillig mit dem Rad langfahren wollen.
Laut digitalen Karten ist der EV8 hier wohl wieder markiert, aber wenn man reinzoomt, sieht man, dass die Route großteils auf der viel befahrenen Schnellstraße geführt wird. Das würde ich mir echt nicht antun. Hier gibt es viele schöne Alternativstrecken, die allesamt über das Städtchen Ronda in den Bergen führen. Wenns trotzdem unbedingt sein muss, dann kann man zumindest bis Fuengirola mit der S-Bahn fahren.

soweit...
Cj