Drei Wochen Zeit und das Versprechen eines frühen Sommers — mehr brauchte es nicht, um mich zu überzeugen. Rauf und runter durch die griechischen Berge wie ein Jo-Jo: neue Landschaften, stille Strassen und reichlich Training inklusive.
Nehmt bitte Platz
Ich startete auf Korfu, wegen der guten Flugverbindungen — und weil die Fähre zum Festland nur ein Katzensprung ist. Kaum in Igoumenitsa angekommen, begann auch schon das Klettern. Ruhige Strassen begleiteten mich fast durchgehend — kein Wunder, Dörfer waren rar. Ausserhalb der Städte fühlte sich die Bevölkerungsdichte an wie im namibischen Hinterland – nur eben deutlich grüner.
Ioannina, einst Verwaltungszentrum von Epirus, erinnerte mit seiner Architektur stark an Ohrid auf der mazedonischen Seite – ein Erbe der gemeinsamen ottomanischen Geschichte.
Ali Pascha Palast in Ioannina
Moschee am See
Nicht weit entfernt liegt Dodona, das älteste Orakel Griechenlands. Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. wurde hier eine Tempelstätte der Erdgöttin errichtet. Ihr Geist wohnte angeblich in den Wurzeln einer Eiche, und die Priester übersetzten das Rascheln der Blätter und das Verhalten der Vögel in den Ästen in Verheissungen. Nur Delphi genoss später mehr Ruhm – vielleicht nur, weil es einfacher zu erreichen war.
Urgrosstochter der heiligen Eiche
Das Theater in Dodona
Im 3. Jahrhundert v. Chr. wurde Dodona ausgebaut, im 6. Jahrhundert n. Chr. kam eine Basilika hinzu. Heute ist es ein stiller, atmosphärischer Ort voller alter Steine und Geschichten – ein lohnenswerter Abstecher.
Nächster Höhepunkt: ein Aussichtspunkt über die Vikos-Schlucht. Laut Wikipedia die „tiefste Schlucht der Welt im Verhältnis zu ihrer Breite“ – sogar das Guinness Buch führt sie so. Ich wanderte frühmorgens vor dem Frühstück dorthin, mit frischen Beinen. Spektakulär ist eine Untertreibung. Wer im Frühling kommt, wird zudem von einem Blütenmeer begleitet.
Auf dem Weg zur Vikos Schlucht
Vikos Schlucht
Orchideen gabs viele
Richtung Kalabaka
Danach ging es weiter rauf und runter — über den Kataras-Pass, mit 1.690 Metern der höchste Pass Griechenlands. Der untere Teil der Abfahrt war die verkehrsreichste Strasse der ganzen Tour – aber alles blieb zivilisiert.
In Kalabaka blieb ich zwei Nächte, um zu Fuß die Meteora-Klöster auf ihren dramatischen Felsen zu erkunden. Aus der Ferne wirken sie wie Monolithen. Aus der Nähe erkennt man: Es handelt sich um 300 Meter dicke Schichten aus verpresstem Flussbett, von Wind und Wetter kunstvoll geformt.
Kalabaka vor den Klosterhügeln
Panorama
Kosterkirche von innen
Nach all den Bergen war die flache Ebene um Karditsa eine Wohltat – Felder so gross, dass Mähdrescher Platz zum Wenden hatten. Aber das war nur eine kurze Verschnaufpause. Bald ging es wieder bergauf — diesmal ins Skigebiet von Karpenissi.
Auf dem Weg nach Karpenissi
Und hier ein Wort zur Sicherheit in Griechenland: Ich stellte mein Rad neben dem Hotel auf eine Wiese, wie mir empfohlen wurde. Als ich es abschloss, fiel mir der Roller daneben auf — der Schlüssel steckte noch im Zündschloss. Ich kam mir ein bisschen albern vor mit meinem Schloss. Offenbar vertraut man sich hier noch.
Vertrauensvoller Parkplatz
Am nächsten Morgen wartete eine Überraschung: eine wunderschöne Schlucht-Abfahrt bis zu einer Brücke — gefolgt, natürlich, von einem 1000-Meter-Anstieg. Ich wollte Berge? Ich bekam Berge. Klappe halten und schieben 😉
Da wurde es eng!
Blick zurück
Ab jetzt gehts hoch.
Limo Stopp halb oben
Belohnung: 35km Abfahrt und ein hübsches Zimmer mit Blick auf den Trichonida-See, dazu ein feines Abendessen – verdient war’s.
Abfahrt
Schön und bezahlbar
Eine kostenlose Fährfahrt über die spektakuläre Charilaos-Trikoupis-Brücke brachte mich auf den/die Peloponnes. Hier habe ich übrigens Andreas um ein paar Tage verpasst. Griechenland 2025 (Reiseberichte)
So schön
Da freut sich einer
Von dort aus war es nur eine kurze Etappe bis zur nächsten Schlucht, diesmal mit der Zahnradbahn Diakopto–Kalavryta als Highlight. Der untere Abschnitt ist noch als Traktorweg befahrbar, dann wird es zum Wanderweg. Vermutlich fahrbar — ich entschied mich lieber für die Schotterstrasse, die sich durch Olivenhaine und später Weinberge schlängelte. Landschaftlich ein Traum, mit reichlich Schiebepotential.
Hier geht's rein...
... und hier verliess ich die Bahnstrecke
Blick zurück
Kalavryta hat nicht nur ein Skigebiet, sondern auch ein Mahnmal: Hier wurden im Zweiten Weltkrieg Männer und Jungen aus dem Ort erschossen – eine Vergeltungsmassnahme der Besatzer. Ein stiller, ergreifender Ort.
Als Nächstes: die Höhlen der Seen. Alles da, was man von einer Tropfsteinhöhle erwartet — ich fand sie etwas unterwältigend, aber mein Hintern war dankbar für die Pause.
Weiter südlich lagen die Hügel voll mit traditionellen Dörfern, heute meist Wanderzentren. Dimitsana ist eines der ältesten – gross genug, um einst Krieger in den Trojanischen Krieg zu schicken. Heute ist der Lousios-Canyon die Hauptattraktion: eine Wanderung vorbei an zwei Klöstern und den Ruinen von Gortys. Ideal: in Dimitsana starten und sich später zurückfahren lassen. Auch so hat man genug Anstiege vor sich.
Dimitsana
Bhutan oder Peloponnes?
Eine Tagesetappe weiter: Alt-Messene. Wer „alte Steine“ mag, wird diesen Ort lieben. Ich fuhr durch das beeindruckende Arkadische Tor, checkte in einer der nahen Pensionen ein, gönnte mir ein Bier in der Taverne – und verschob die Besichtigung auf den kühleren Morgen.
Das Arkadische Tor
3 Bilder von Messene
Einst unter spartanischer Herrschaft, war Messene so bedeutend, dass eine Kolonie in Sizilien den Namen übernahm – und gegenüber der Strasse von Messina lag mit Reggio Calabria ein weiterer Aussenposten. Ich streifte über eine Stunde durch Tempel, Theater und Stadtruinen – alles in erstaunlich gutem Zustand.
Am Strassenrand
Dann folgte die letzte, extrem steile Abfahrt hinunter in eine landwirtschaftlich geprägte Ebene. Zum ersten und einzigen Mal auf dieser ganzen Reise sah ich wilden Müll an kleinen Feldwegen – als wäre Messene heute wirklich eine sizilianische Kolonie. Kalamata war ein gelungener Abschluss: ein wenig Strand, ein archäologisches Museum, und schließlich ein entspannter Weg zum kleinen Flughafen. Alles ganz entspannt.
Kalamata in der Altstadt
Der alte Bahnhof
Essen: Auch in Landkneipen gabs immer Souvlaiki mit Pommes und Salat. Die Portionen waren auch immer mehr als genug für einen hungrigen Radler.
Souvlaiki mit Pommes
Griechischer Salat
In grösseren Orten gabs dann auch etwas mehr Auswahl. Und fast überall gabs noch einen Nachtisch auf Kosten des Hauses.
Unterkunft: Problemlos, sauber und vergleichsweise günstig, vor allem ohne Online-Buchung und in bar.
Verkehr: Pendelte sich meistens bei einem Auto pro Stunde ein.
Und Trinkwasser gabs auch häufig, mit 2l am Rad kam ich überall durch.
Die Karte zur Tour findet ihr auf der Website, hier dürfen Karten ja auch nur als Link erscheinen.
Ich würde dieser Tour 5 Sterne geben, trotz viel schieben. Belohnungen gibt's genug