Hallo V.
Die Schafwirtschaft, genauer gesagt die damit verbundene Wollproduktion war jahrhundertelang der Exportschlager der spanischen Ökonomie und volkswirtschaftlich vielleicht noch bedeutender als der Gold- und Silberraub in der sogenannten Neuen Welt.
Bei den Viehtriften und „cañadas reales“ handelt sich jedoch nicht um Wege im nämlichen Sinne, sondern vielmehr um definierte Geländestreifen von 20-80 Meter Breite, die per königlichem Dekret (daher das „real“) exklusiv dem Viehtrieb vorbehalten waren und dort durfte dann auch nichts anderes passieren, als keine Äcker angelegt oder Gebäude errichtet werden.
Das Netz der Viehtriften auf der iberischen Halbinsel ist beeindruckend, historisch interessant, zum Radfahren allerdings nicht wirklich zu gebrauchen.
Das Schaf an sich läuft am liebsten stur und gradlinig dem Leithammel hinterher, die topografischen Gegebenheiten sind ihm dabei ziemlich egal. Der Mensch, vor allem wenn er mit oder gar in Fahrzeugen unterwegs ist, mag es gerne nicht so steil und felsig und bevorzugt Traversen, Kurven, Serpentinen und dergleichen um an Höhe zu gewinnen, gerne auch Brücken um Gewässer zu überqueren. Dem Schaf ist das viel zu kompliziert und das Schaf braucht auch keinen fahrradtauglichen Weg. Die Viehtriebwirtschaft existiert auch seit vielen Jahrzehnten nicht mehr, was die Pflege der Triften nicht besser macht.
Hier kommst Du auf die offiziellen spanischen topografischen Karten, in den Zoomstufen 13,5-14,9 siehst Du die Viehtriften eingezeichnet, da kannst Du dir einen Eindruck verschaffen wie straightforward die sich durch die Landschaften ziehen.
Hingegen gibt es im nur sehr dünn besiedelten spanischen Inland ein durchaus umfangreiches Netz von wenig befahrenen asphaltierten Nebenstraßen auf denen sich sehr schöne Strecken kombinieren lassen.
Darüber hinaus gibt es ein noch viel engmaschigeres Netz von nichtasphaltierten Wirtschaftswegen.
Die European Great Divide Trail wurde schon genannt, auf
bikepacking.com finden sich diese und weitere Langstreckentouren durchs iberische Gemüse.
Auch die spanische Bikepacking-Comunity ist seit Jahren sehr aktiv zum Teil sehr epische Routen zusammenzustellen. Eine der bekanntesten ist die
Transandalus , eine 2000km lange Mountainbike-Runde durchs Hinterland von Andalusien, die es unter anderem schafft alle größeren Nationalparks miteinzubinden (immerhin über 30% der Landesfläche).
Einer der umtriebigsten Apologeten nennt sich Zinaztli, auf
seinem Blog finden sich diverse andere Strecken ähnlichen Charakters in anderen Gebieten der Halbinsel. Ist allerdings auf Spanisch die Seite, aber in der rechten Spalte finden sich Routennamen und beim Weiterklicken auch Karten.
Auch der Track von Love2bike wurde schon genannt, sehr empfehlenswerte Routenführung.
Die Via verdes wurden schon erwähnt, da gibt es einige sehr schöne mit bis zu über 150 Kilometern Länge.
Vor kurzem wurde hier auch von einer Reise von Valencia nach Malaga berichtet, auch eine sehr schöne Strecke und exemplarisch dafür, wie man sich auf Nebensträßchen, Wirtschaftswegen, via verdes und Wanderwegen durchs Land kombinieren kann.
"Frühling in Süd-Spanien 2022"
Der Vollständigkeit halber seien noch einige lange Routen erwähnt die sich auf historischem Terrain bewegen. So gibt es beispielsweise eine Via Augusta, der alten Römerstraße der Mittelmeerküste entlang, teilweise recht ruppig, einen Camino del Cid, die die Schauplätze der mittelalterlichen Heldenerzählung des Cid abfährt, in einer Asphalt- und einer MTB-Variante, oder die Via de la Plata, dem Pilgerweg von Sevilla nach Santiago de Compostela.
Falls man trotzdem mal ein kurzes Stück auf Fernstraßen muss, haben diese zumeist einen breiten Seitenstreifen und lassen sich soweit recht gut befahren. Die Fernstraßen im Inland weisen auch eine oft relativ geringe Verkehrsdichte auf. Das gilt allerdings nicht für die Küstenstreifen und den Großraum Madrid.
Das zuvorkommende landestypische Fahrverhalten hat ja Thomas/Cruising schon positiv erwähnt.
Fahrradreisen in Spanien jenseits der Hauptstraßen sind zum Glück immer noch ein Abenteuer durchs verlassene Hinterland und individuelles Kartenstudium und Routenbasteln gehört da meines Erachtens einfach mit dazu, egal ob Asphalt oder Piste.
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