Afrika ist auch irgendwann dran. Hi Burkhart, erstmal.

Wir haben es mittags hier. Gleich gibt es Essen - danach ausruhen, dann Sport mit den Jungs.

http://www.howrahsouthpoint.com/index.php/2011-08-09-18-31-12/history

Der Mann auf dem Foto hat hier in den 70zigern Kinder von der Straße geholt. Soweit ich das herausbekommen habe, war das nicht geplant, dass er dann für immer hier bleibt. Der alte Mann ist sehr inspirierend. Unglaublich mit welch einer Ruhe er das ganze hier betreibt.

Aus Deutschland startete ich zu einer Kajak-Tour, doch Selbstüberschätzung und rumhängen im Frauen-Paradis Serbien hinderten mich dann erstmal daran, einfach mal weiter richtung Ziel - Schwarzen Meer zu paddeln. Das Faltboot RZ 85 von Pouch steht sauber verpackt in einem Fotostudio in Serbien. Ich begab mich nach Belgrad für narzisstische Fotoshootings um damit eine baldige Weiterreise zu finanzieren. Alles kam natürlich anders - so wie immer in meinem Leben. Als DJ legte ich dort dann auch noch auf und die Aufmerksamkeit die ich bekam lies mich erkennen, dass ich mir die Reise mit dem Kajak schon längst aus dem Kopf geschlagen hatte. Freunde aus Deutschland bemerkten das. Auch ein Freund der mit dem Vorstand von Ärzte3Welt zusammen arbeitet. Ich wurde sehr direkt gefragt, ob ich mich eigentlich noch unter Kontrolle habe oder das Glück von Freunden in Serbien aufgenommen zu werden einfach nur nutze, um der Wahrheit nicht ins Gesicht blicken zu müssen: Kein Ziel, kein wirklicher Wille - null Disziplin.

Ich vergesse die Nacht nicht, als der Doktor aus Deutschland ein Schreiben von mir wollte, was ich über das Leben denke. Ich schrieb auf englisch einfach drauf los und merkte, dass ich wütend auf mich selbst war und vor allem auch enttäuscht darüber, dass ich mich von Shootings, DJ Aktionen und Frauen so intensiv ablenken lasse, dass ich mein eigentlich Ziel tatsächlich schon längst abgehakt hatte. Ich schämte mich und musste dann schlussendlich auch den Tatsachen in die Augen schauen: Der Winter bricht ein, keine Wohnung in Berlin, sehr wenig Geld und eine große Fresse. Das Glück dass ich durch die Shootings Essen und Unterkunft bekomme und Freunde die meine Hilfsbereitschaft in allen Situationen sehr zu schätzen gewusst hatten - das war der Grund weshalb ich auch nicht das Gefühl bekam, dass ich unerwünscht wäre. Das macht alles natürlich super bequem.

Doch das war nicht mein Leben - ich war nur zu feige einzusehen, dass ich mich extrem unter Druck gesetzt hatte, in dem ich eine Tour mit dem Kajak ankündige und diese von den km täglich, der Strecke die ich nicht kannte und einem Fluss den ich davor noch nie gesehen hatte, völlig falsch eingeschätzt hatte. Von Budapest schaffte ich es ich es bis nach Novi Sad. In einem Tempo was nicht dem entsprach was ich vor hatte und auf eine Art die jedoch viel mehr Erfahrung lehrte, als ich mir je vorstellen konnte.

Doch Novi Sad war die Falle für einen Jungen der aus Berlin kam und auf einmal im Paradis landet. Sowas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen und ich habe viel gesehen. Aber lassen wir das - auch hier muss ich in Indien einsehen, dass ich geschädigt von Berlin bin - denn Sex, Drogen und Partys sind in dieser Stadt einfach in einem extremen Maß ständig für jedermann erhältlich. Mit 18 in diese Stadt gezogen zu sein, war nicht unbedingt der beste Schritt - aber überlebt habe ich ihn und daran gewachsen bin ich auch - von daher war es doch der beste Schritt, wa?

Die Antwort von dem Doktor aus Deutschland war nicht, dass er das Schreiben mag oder sonst was. Es kam direkt eine Antwort aus Indien, dass ich am 15. Dezember 2012 einen Platz in einem Heim bekommen würde, Unterkunft und Essen wären frei - meine Aufgaben würden sich vor Ort herauskristallisieren.

Das haben sie. Bin Sportlehrer für Jugendliche, helfe wo ich kann und lerne einfaches Englisch mit Ihnen. Ich habe Verantwortung und muss mir selbst in den Arsch treten, denn ich bin für die Jungs eine Art Vorbild. In den letzten Tagen verschlafe ich täglich und komme müde aus dem Zimmer - das zeigt mir, dass ich abends zu lange für die aktuelle Reise nach Bangladesch etc. nachforsche. Immerhin merke ich das sehr schnell - aber auch, weil mein Körper beim Sport signalisiert: Du bist schlapp heute.

Ja, Indien. Das war eine schnelle Aktion. Zusage, Shootings, Geld auftreiben und am 22. Dezember sah ich was es heißt, wenn Menschen auf den Straßen rumliegen, während ich in Gedanken noch meine Bilder auf einem 5000 Euro Mac in einem Belgrader Fotostudio vor Augen hatte. Freunde mit denen ich über Konsum von Elektroprodukten und Software zur Bearbeitung von Videos sprach, während sie sich dafür lobten, dass sie das neuste Modell von Samsung (Handy) schon vorbestellt hatten. Ich fühlte mich dort nicht unwohl, doch fühlte ich, dass das nicht mein Kern war.

Zu lange war ich in Berlin selbst ein Konsument von allem und merkte, dass ich das nur war, weil ich nicht alleine sein wollte, aber auch nicht mit anderen Leuten sein konnte, weil ich meine Art der Profilierung nicht ablegen konnte - so erreicht mehr schwer einen Freundeskreis den ich erst am Ende beisammen hatte. Bewusste Leute mit nachhaltigem Denken und aufrichtigen Charakter.

Hier im Forum wirst du viele von diesen Menschen treffen. In den letzten Wochen habe ich Facebook gelöscht, mich aus anderen Foren zurück gezogen und konzentriere mich fast nur noch auf mails, skype und das rad Forum. Ich bin fest überzeugt, dass diese Menschen, die kleine, große oder ewig lange Touren durch die Welt machten oder machen dem Bild von Mensch entsprechen, welches ich mir so sehnlich wünsche.

Offen, mutig, bereit die Welt so zu sehen wie sie ist.

Ich nutze diese Meinung jetzt auch um das zu sagen, was ich eigentlich kurz sagen wollte.

Du gehörst für mich zu ihnen - denn auf deiner Seite lese ich heraus, dass das Leben für dich mehr ist, als aufwachen, essen, scheißen, arbeiten, nach Hause, Klotze, pennen gehen...

Schön, dass du den Weg hier her gefunden hast und vor allem, dass du uns mit der Seite, deinen Bildern und den Kommentaren an deinen Gedanken teilhaben lässt.

Aus Indien
Alexandros