Dank an PeLu, Dittmar und Manuel-den-Maschinisten, die sich dem hier ansonsten reichlich verzapften Unsinn tapfer entgegengestellt haben.
Diesen möchte ich nicht unwidersprochen lassen, auch nicht nach fast zehn Jahren -- wieviele Leute hier womöglich nachlesen und das dann für die Wahrheit halten ....
In der Realität kriegt man nichts umsonst, muß sich Verbesserungen erkaufen, indem man anderswo Zugeständnisse macht.
Die Rostfreiheit beim Stahl bezahlt man mit verschlechterten mechanischen Eigenschaften, geringere Festigkeit als beim rostenden Konkurrenzprodukt, dafür aber Härte im dysfunktionalen Sinne -- hinter der Strckgrenze kann man nicht soviel herumbiegen, bevor das Material versagt.
Nicht-rostfreier Klavierdraht schafft bis zu 3000 N/mm², grob doppelt soviel wie das rostfreie Pendant, besteht dann aus Kohlenstoffstahl mit ca. 0,8% C und ist schon ziemlich böse hart.
Für Speichen nimmt man also weniger C und kommt dann auf etwa dieselbe Festigkeit wie beim rostfreien Pendant, wohl aber bei erheblich duktilerem Material. Deswegen kann man bei der Fertigung nicht so leicht etwas verkehrt machen, die Werkzeuge verschleißen weniger und das Endprodukt ist immer noch viel zäher -- diesmal aber im positiven Sinne.
Zähigkeit wiederum ist für den Anwender von Bedeutung, weil fast alle Nabenflansche für gekröpfte Speichen schmählich fehlkonstruiert sind, um den Einbau verschiedener Speichendurchmesser zu ermöglichen. Für dünne Speichen sind die Löcher zu groß, für dicke Speichen ist der Flansch zu dünn, die Speichenköpfe kriegen also erst Grip, wenn sich die Kröpfung unter Last aufbiegt. Dadurch konzentriert sich die Zugspannung im Innenbogen, während im Außenbogen sogar Druckspannungen vorkommen, und so war das eigentlich nicht gedacht. Duktiles Material verpackt solche Mißhandlungen besser als der spröde Edelstahl -- das ist das ganze Geheimnis.
Um ein Laufrad standfester zu kriegen, bietet es sich an, den fertig gespannten und zentrierten Zusammenbau auf ein halbes Dutzend im Kreis aufgestellter Konservendosen (gleicher Höhe, für die Dummies) abzulegen, die Nabenachse soll den Boden nicht berühren. Dann stellt man sich auf das Speichennetz, mit den Füßen rechts und links der Nabe, und 'läuft' einmal im Kreis herum, dreht das Rad mit der Unterseite nach oben und wiederholt die Behandlung. Danach ist alle Spannung raus und man muß nochmal auf den Zentrierständer. Sheldon Brown empfiehlt (in
https://www.sheldonbrown.com/wheelbuild.html , dort weit unten im Text unter dem Subtitel 'Seating and Stress-Relieving the Spokes'), mit einer gebrauchten Alukurbel in die Speichendreiecke zu fassen und kräftig zu hebeln, mit demselben Ergebnis -- die ungleichmäßige Spannungsverteilung in den Speichenbögen wurde in den Bereichen der Lastspitzen durch plastische Verformung deutlich vermindert.
Diese Brachialmethode verpackt auch wieder Edelrost-Stahlfrei viel besser als die moderne Konkurrenz, und deshalb greife ich bei Schaltungsnaben, Hinterradmotoren und ähnlichen Einbausituationen gerne zu Zinkspeichen, wenn sich herausgestellt hat, daß der originale Speichensatz den Anforderungen nicht gewachsen war. Der Erfolg gibt mir dabei recht.
Übrigens rostet ein ordentlich gemachtes Laufrad nicht im Gewinde, weil dort Schmiermittel das Wasser draußenhält. Ohne Fett oder Öl dort kriegt man nicht genug Spannung auf die Speichen; 'trocken' dreht man vorher den Vierkant rund, egal mit welchem schicken Werkzeug (ich habe den blauen Schlüssel von Spokey), und ein unzureichend gespanntes Laufrad wird sowieso bald mit Speichenköpfen um sich werfen .... wo ich gerade dabei bin, die Spannung wird bei mir nach Gehör eingestellt, und ich benutze dabei Sheldon Browns Tabelle (
https://www.sheldonbrown.com/spoke-pitch.html), wobei ich mich aber noch nie getraut habe, ganz bis obenhin durchzuziehen .... kommt mir immer etwas heftig vor; sacht Ihr mal.
So, jetzt geht's mir besser, Blutdruck sinkt.