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#744696 - 30.07.11 21:25 Alpentour 2011 (D, At, Ch, F, It)
Kasperl
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 143
Dauer:21 Tage
Zeitraum:28.5.2011 bis 17.6.2011
Entfernung:1951 Kilometer
Bereiste Länder:deDeutschland
frFrankreich
itItalien
atÖsterreich
chSchweiz
Externe URL:https://picasaweb.google.com/kasperjul/Alpentour2011?authuser=0&authkey=Gv1sRgCKymusbVudirNA&feat=directlink

Hallo!

Nach mehreren kleineren Radtouren, zuerst mit meinen Eltern in Deutschland und benachbarten Ländern und mehreren Touren alleine mit Zelt in den letzten 2 Jahren steht im Oktober eine einjährige Tour in Südamerika an.

Hierfür wollte ich mein Material und vor allem mich testen und vor allem einmal ein wenig länger in den Alpen unterwegs sein.

Durch verschiedene Ereignisse ergaben sich einige Zielpunkte:
Freundin in Innsbruck besuchen
Kumpel in der Haute Provence in Frankreich beim Woofen besuchen
Klettern in Anduins nördlich von Udine in Italien

Los gehen sollte es vor meiner Haustür in Bayerisch Gmain neben Bad Reichenhall

Nachdem Karten gewälzt wurden stand eine ungefähre Route fest:

Es sollte erst mal an den Innradweg gehen um nach Innsbruck zu gelangen. Diesen Radweg dann über die 3-Täler Variante durch Livigno bis an sein Ende in Maloja. Weiter den Malojapass runter und am Lago di Como vorbei. Weiter in Richtung Turin und dem Col D'Agnello! In Frankreich dann in der Nähe von Digne les Bains den Flo besuchen und weiter nach Nizza an die Côte d'Azur. Von hier aus immer an der Küste entlang nach Genua und einmal quer durch Italien durch nach Venedig. Dann noch nach Anduins. Von hier aus über den Plöckenpass und Großglockner wieder nach Hause!

Dass das viel wird war mir klar aber wie schon geschrieben sollte es ein Art Test sein. Jedoch kommt erstens alles anders und zweitens als man denkt. Aber lest selbst!

Hier also nun der Bericht:
Tag 1 B. Gmain - Innsbruck(172,45 km):
Los ging es also in Bayerisch Gmain. Bei strömendem Regen, voller Motivation und mit diesem unglaublich guten Gefühl jetzt einfach 3 Wochen das zu machen, was man mit am meisten liebt erfolgten die ersten Tritte in die Pedale.
Zunächst noch in bekannten Gebieten ging es ohne Probleme an der Saalach entlang nach Lofer, wo das erste Frühstück verdrückt wurde und der Platz im Trockenen und warmen genossen wurde. Zu dem Regen war es auch verdammt kalt und windig.
Weiter durch schöne Landschaften nach St Johann und vorbei am Wilden Kaiser nach Scheffau. Hier findet man immer wieder kleine ausgeschilderte Radtouren abseits der großen Sraße entlang. Einfach die Augen offen halten. Weiter in Richtung Wörgl wo ich auf den inzwischen zum 4. Mal in Teilen befahrenen Inn-Radweg traf.
Hier hörte auch langsam der Regen auf und die Sonne ließ sich blicken. Auf sehr gut ausgebauten Radwegen, perfekter Routenführung und mit wenig Verkehr ging es bis Innsbruck dahin, wo ich auch sofort die Wohnung der Freundin fand. Der Abend wurde perfektioniert mit Slacklinen, Insbruck anschauen und noch ein wenig wandern.

Tag 2 Innsbruck - Mariastein (Pfunds)(123,40 km)
Bei gutem Wetter geht es weiter immer am InnRadweg entlang. Nach 7 km noch einmal umgedreht um die vergessene Kamera noch einzusammeln...
Richtig schön wird der Inn Radweg dann nach Landeck, wenn man von der Autobahn und dem restlichen Infrastruktur Chaos weg ist. Die Berge werden höher und es geht in Richtung Engadin.
In Mariastein, kurz vor Pfunds und der Schweizerischen Grenze frage ich bei einem Bauernhof, ob ich irgendwo mein Zelt aufstellen kann. Sofort wurde mir ein schöner Platz gemäht! Und ich konnte nach einem Bad im Inn in meinem Zelt verschwinden.


Ausblick in das Engadin.

Tag 3 Mariastein (Pfunds) - Berninapass(117,37 km)
Allmählich wird das morgendliche Zusammenpacken zur Routine und das Wetter motiviert geradezu, mglichst schnell weg zu kommen. Weiter geht es also rein in die Schweiz, wo erst einmal ein Frühstück mit Ovomaltine und Bircher Müsli aus dem Dorfladen verspeist wird. Interressant ist hier der Rätoromanische Dialekt, bzw. Sprache. Man versteht, wenn sich die Einheimischen unterhalten rein gar nichts! Natürlich können aber alle mit einem reden und sind einfach wahnsinnig hilfsbereit und freundlich.
Über viele Steigungen und durch wundervolle Landschaften begleite ich den Inn weiter nach Zernez. Hier bietet der Bikeline Radtourenführer eine Variante über Livigno und den Berninapass an. Nach kurzer Überlegung biege ich ab und bereue es fast. An einer relativ viel befahrenen Strasse geht es erst mal recht weit hoch. Neben Motorradlern und Autos geht es dann wieder in ein Tal, wo der Munt La Schera Tunnel Autos und Motorräder zur anderen Seite nach Livigno lässt. Ja richtig: Keine Fahrräder. Das ist auch absolut verständlich, da es ein einspuriger Tunnel ist und der Verkehr per Ampel geregelt wird.
Nach kurzem Gespräch mit den Grenzern wusste ich, dass der Bikeshuttle erst einen Tag später startet bäh und bald ein Linienbus käme, der mich mitnimmt.
Also legte ich mich in die Sonne und wartete. Bis... ein russisches Rennradteam neben mir hielt und mich gestikulierend fragte ob sie mir helfen könnten.
Na Klar!
Also Gepäck in das Auto und Fahrrad auf deren Dach und los ging die Fahrt durch den Faszinierenden Tunnel. Sie brachten mich auch noch weiter und wehrten sich mit allem, dass ich mich an den Mautkosten beteiligte. 10 km vor Livigno fuhr ich dann in dieser verlassenen und wunderschönen Landschaft weiter.

1000 Schweizer Franken!


Ok ich sehs ein!


wunderschön

Livigno ist ein schöner geschäftiger und vor allem sportlicher Ort. Mir kam es vor als ob jeder irgendetwas tut und die Kommune kümmert sich auch darum. Dadurch sind hier auch super Radwege und es ist ein einziger Genuss zu fahren.
Hinter Livigno geht es erst einmal ca. 400 hm hoch aus dem Talkessel heraus. Hier hatte es noch letzte Schneefetzen. Nach einer 300 hm Abfahrt ging es schon spät am Abend noch einmal 400 hm hoch auf den Berninapass. Auf der Passstrasse war sehr wenig los und durch die Abendsonne war es einfach nur schön. Die vorbeifahrenden Motorradfahrer feuerten mich an. Einfach nur schöne Momente. Auf der Passhöhe beschloss ich, dass es nun genügt für heute und baute direkt dort mein Zelt auf. Bald war ich im Bett und genoss meinen verdienten Schlaf.


Zelt auf dem Berninapass

Tag 4 Berninapass - Monfortano (170,82 km)
Was gibt es schöneres als eine 10 km lange Abfahrt am frühen Morgen? So ging es entlang der einspurigen Bahn in diesem Tal vorbei an Murmeltieren und Bergbahnen in Richtung St. Moritz, wo die beiden Varianten des Innradweges wieder zusammengeführt werden. Die letzten Franken wurden für ein letztes Frühstück in der Schweiz auf den Kopf gehauen und die letzten Kilometer bis nach Maloja wurden zurückgelegt. Hier erreichte ich einen seit Jahren gehegten Traum: Einmal den Malojapass fahren. Fasziniert saß ich damals im Auto meiner Eltern und stellte mir vor, wie es sein müsste, diese Kurven mit dem Fahrrad runterzufetzen.
Die Vorfreude enttäuschte mich nicht. Ein einziger Rausch und nach insgesamt 60 km an dem Tag hatte ich immer noch einen 30 km/h Schnitt. Das deutet auf eine Menge Abfahrt hin!


Kurve, Kurve, Kurve!

In Richtung Lago die Como fand ich neue italienische Radwege mit extrem guter Beschilderung, die mich bis nach Chiavenna und an den See führen sollten. Irgendwo müsste es ein italienisches Fernradwegenetz geben, dass gerade aufgebaut wird, da bei jedem Schild eine Italienische Flagge mit einer 6 dabei war. Es muss also noch mindestens 5 solche tollen Wege geben. Weiss da jemand was?
Am Lago di Como entschied ich mich, an der Ostseite des Sees entlangzufahren, da ich hier auf kleinere Strassen hoffte. Das war auch so und es ging bei verträglichem Verkehr immer am See entlang nach Varenna. Hier nahm ich die Fähre nach Bellagio. Weiter bei einsetzendem Regen. Leider bringt hier die Suche nach einem kleinen Platz am See zum Zelten wenig, da die Strasse immer oberhalb des Sees verläuft und keine wirkliche Promenade vorhanden ist. Also trieb es mich weiter bis nach Como ins Chaos! Keine Schilder, nur viele Autos, eine sehr vergammelte, überteuerte Jugendherberge und Regen -> super!
Auf meiner Karte entdeckte ich hinter Como den Ort Monfortano, wo ein Campingplatz sein soll. In Como selbst gibt es keinen. Also durch das Chaos durch. Eine Rennradlerin führte mich hindurch und schickte mich dann eine ABzweigung hinauf. Hier fand ich auch Schilder in die Richtung. Also auf die Zielgerade!
2 km vor dem Campingplatz fuhr ich dann eine kleine Strasse entlang und sah das kleine blaue Auto, das rechts aus einer Einfahrt fuhr und mir die Vorfahrt nahm erst 2 Meter bevor ich mit ca. 27 km/h in dessen Front krachte. Nachdem ich mir das Auto kurzzeitig von oben anschauen konnte konnte ich mich anscheinend sehr gut auf dem Asphalt abrollen und stand sofort wieder. Ich hob mein Fahrrad von der Strasse und stellte fest, dass das gar nicht gut aussah. Es war auseinandergebrochen. Das halbe Dorf, das angeeilt kam untersuchte mich, schaute sich das Fahrrad an und rief die Polizei und den Krankenwagen.
Hier lernte ich auch Fausto kennen, der Englisch konnte und mir half und dolmetschte. Dankeschön dafür!
Ich kam also ins Krankenhaus und mir wurde auch bescheinigt, dass mir nichts fehlte. Derweil war meinn Zeug bei Fausto und ich hatte meine Daten und meine Zeugenaussage abgegeben. Nachdem mich niemand mehr vom Krankenhaus zurückfahren wollte rief ich Fausto um 23:00 Uhr an und er holte mich ab. Ich konnte vor dem Campingplatz schlafen. Erst mal Kopf sortieren und ruhig werden. Irgendwie komme ich schon weiter!


Auf der Fähre das letzte Bild des funktionierenden Fahrrades!


Nicht gut!

Tag 5 Monfortano
Fausto holte mich am nächsten Morgen ab und wir fuhren durch 4 verschiedene Läden um einen Rahmen für mein Rad, bzw. ein gebrauchtes Funktionsfähiges zu erstehen. Hier ein kurzer Aufruf: Die Ära der 28" Räder ist bereits in Italien vorbei. Dort gibt es das einfach nicht. Mit 28" kommt man in Deutschland und nördlicheren Ländern vorran aber sonst nirgendwo! Und: Ortlieb ist einfach gut! Nach dem Crash waren noch alle Taschen so am Fahrrad wie sie sein sollten! Kein Loch oder ähnliches!
Im 5. Laden, einem Gebraucht Sportartikel Laden wurde ich dann fündig und verbrachte den restlichen Tag damit dieses Fahrrad für 130€ herzurichten, meine noch funktionierenden Teile draufzubauen und mein altes so zu zerbauen, dass es in einen Kartong nach Hause passt.
Bei dem "neuen" Rad funktionierten die Hälfte der 21 Gänge, da vorne nur 2 Blätter erreichbar waren und hinten auch 2 Ritzel nicht anschaltbar waren. Aber: Es fuhr!
Also machte ich mich am Abend wieder auf Richtung Campingplatz, wo ich nach 3 Tagen wieder duschen konnte und noch letzte Sachen am Rad richten konnte.
Neben den anderen Problemen mit dem Rad war es mir um einiges zu klein. Dafür rollte das Ding aber erstaunlich gut und der höchste Gang war eine Art Allerweltslösung. Auf geraden Strecken brauchte ich keinen anderen!

Tag 6 Monfortano - Mailand - Zug - Turin - Castagnole Piemonte (84,85 km)
Um den Tag Zwangspause einzuholen entschied ich mich dafür erst einmal nach Mailand zu fahren und dann mit dem Zug nach Turin. Das klappte wunderbar und war auch recht günstig. Nach Turin begriff ich erst, wie schlau das war:-). In der Gegend ist es einfach nicht schön. Industrie, Agrarwirtschaft und nur ausgestorbene unschöne Dörfer. In der Vorfreude auf die Berge bewegte ich mich recht flott vorwärts aber ich hätte ruhig noch ein wenig weiter mit dem Zug fahren können...
Auf einem Fußballplatz fand ich ein geeignetes Platzerl zum Campen.

Tag 7 Castagnole Piemonte - Ponte Chiavenna (84,85 km)
In Richtung der Berge wird es dann immer schöner. In Verzuolo geht es dann in das Valle Varaita ab und vorbei am ersten Schild, das mich darauf hinwies, dass der beabsichtigte Col d'Agnello gesperrt sei. Nach kurzer Überlegung und einer Tafel Schokolade entschied ich mich mit dem Gedanken "Bin ja schon ein paar Mal über gesperrte Pässe gefahren" dafür es zu versuchen. Also ließ ich den Anstieg auf 2746 m.ü.NN beginnen, was diesen Pass zum dritt höchsten in den Alpen macht. Durch schöne Landschaft bei wenig Verkehr kam ich sehr gut zurecht und fuhr an weiteren "Closed" Schildern vorbei. Schon länger bemerkte ich ein leichtes Klacken im rechten Pedal, was sich nun schon nicht mehr so ruhig verhielt. Das Pedal schien locker zu sein. Ich schraubte es also fest und fuhr erst mal weiter. Nach 2 Km eierte es dann mehr oder weniger und fiel dann schlussendlich ab. Alle Versuche es wieder reinzubekommen scheiterten. Es fing an zu regnen und war verdammt kalt! Na toll.
Um weiterzukommen schnallte ich mir meinen linken Fuß mit Kabelbindern an das linke Pedal, so dass ich treten und ziehn konnte. Der rechte Fuß lag auf den Packtaschen. So kam ich bis nach Ponte Chiavenna, dem letzten Ort bevor es nur noch hoch geht. Vergeblich suchte ich einen Fahrradladen oder eine Wekstatt, die mir das Pedal anschweissen konnte. Dadurch, dass es kalt und nass war, war ich erst mal fertig und suchte eine Unterkunft. In dem fast ausgestorbenen Dorf fand ich ein Bed & Breakfast und konnte trocken werden. Über den nächsten Tag dachte ich erst mal nicht nach.


Keine Klick-Pedale!

Tag 8 Ponte Chiavenna - Savines de Lac (85,27 km)
Meine einzige Hoffnung war, dass der Regen aufgehört hatte und das war auch so. Also rauf auf das Fahrrad, den linken Fuß nun mit einem Spanngurt fixieren und los gehts.

10 km Steigung und in denen 1000 hm. Ca. 5 km davon schaffte ich "strampelnd" dann hieß es schieben. Zu dem Pass sei gesagt: Er ist wunderschön. Traumhafte Natur, einfach nur wild und schön. Auch wenn der offen ist, ist nicht viel los.


2 km vor dem Gipfel das erste Schneefeld. Einen Kilometer kam ich noch an dem Schnee rechts und links vorbei. Dann hieß es überqueren. Regensachen an, Stulpen drüber und alles undichte mit Gaffa Tape abgedichtet. Das ganze hielt genau 2 Schritte und dann hatte ich Schnee in meinen Schuhen. Egal. Es geht weiter! Das Fahrrad wurde meterweise vorgewuchtet, weil es immer wieder im Schnee versank. Ein entgegenkommender Skifahrer verwunderte mich dann doch und ich glaube ich ihn auch. Nach einem Kilometer in einer Stunde war die Passhöhe erreicht und der Blick auf das Schneefeld auf der anderen Seite wurde frei!

Schnee!

Endlich!

Die andere Seite!

Auf der Seite sah es nämlich nicht gerade viel besser aus. Das Rad wurde noch halb fahrend, halb hebend 1 km durch Schnee gepeitscht, bis ich wieder Teer unter den Füßen / Rädern hatte und wie ein Alien von den Motorradfahrern und Rennradlern, die dort umdrehten angeschaut wurde. Ich war wohl der erste Radler dieses Jahr und wohl der erste jemals mit einem Pedal
Nachdem ich mir trockene Sachen angezogen hatte ging es auf der französischen Seite bergab. Weiterhin wunderschöne Landschaften.
In Guillestre bekam ich nach ca. 40 km über den Col wieder eine funktionierende Kurbel und konnte entlang großer Straßen noch bis zum Lac de Serre Poncon fahren, wo mir der Besitzer eines zum Kiosk umgebauten Londoner Busses, diesen zum Schlafen angeboten hat. An diesem angenehmen ruhigen Abend konnte ich mich richtig entspannen und mich auf die morgige letzte Etappe zum Flo in Digne freuen.

toller Schlafplatz

Tag 9 Savines de Lac - Prats (90,38 km)
Einem Tipp, des Busbesitzers folgend fuhr ich zur Südseite des Sees um dort durch eine der unzähligen Schluchten dort nach Digne zu kommen. Ich freute mich auf die prognoszierten 14 km Abfahrt. Jedoch hatten wir uns missverstanden und er meinte das ganze von der anderen Seite, wodurch ich die ganze Zeit eine leichte Steigung bei Nieselregen hatte. Aber die Schlucht war wirklich toll.

Weiter ging es in Richtung Digne, immer bei Nieselregen und immer bei einer gefühten leichten Steigung. Nervtötend und zum Kotzen. Hier konnte man einen genervten Radler, der des öfteren laut umeinanderschimpft beobachten, wenn man da war.
Die Schönheit der Landschaft und die netten Leute machten das aber alles wieder wett und vor allem die Aussicht, heute endlich beim Flo anzukommen, dem eigentlichen Auslöser, in die Richtung überhaupt zu fahren.
Also bog ich in La Javie in ein Mini Tal ein, wo es noch einmal 12 Km an einem Flussbett entlang ging, bis ich endlich das Camping Mandala erreichte. Ich freute mich bei strömendem Regen und wurde sofort von der wahnsinnig netten Familie dort und vom Flo empfangen.
Das Camping selbst ist einfach nur schön am Ende dieses Tales inmitten hoher Berge gelegen. Neben normalen Campingplätzen kann man in Öko Chalets und Jurten schlafen. Wenn jemand dort in die Nähe kommt, eine absolute Empfehlung und noch ein bisschen ein Geheimtipp. Hinzukommt, dass die Familie, die das ganze dort schmeisst einfach wunderbar nett sind.

Tag 10 Prats - Gorges du Verdon (106,67 km)

So sieht das tolle Camp aus.

Bedingt durch das gute Wetter konnte ich bicht bleiben sondern nutzte es um weiterzukommen. Ich ließ mich erst einmal in Richtung Digne treiben und fuhr südlich mal auf größeren Strassen, mal auf kleinen Sandpisten.
Nachdem ich am Abend zuvor noch bis in die Nacht mit meinem Kumpel geratscht habe sollte ich unbedingt durch die Gorges du Verdon fahren. Gesagt, Getan. Ich nahm südliche Route, da diese weniger befahren ist. Da ich schon relativ spät dran war war um so weniger los. Es ging erst einmal ewig hinauf, bis sich der erste Blick über die Schlucht öffnete. Weiter ging es immer entlang der Schlucht, mal rauf, mal runter. Auf einmal ließ sich nachdem sie den halben Tag hinter Wolken schlummerte, die Sonne sehen, ich war komplett allein und hatte das Panorama über die gesamte Schlucht. Einfach eine Wucht, die mich zu einem lauten Freudenschrei veranlasste.
Mit einem Dauergrinsen und froh da zu sein, wo ich bin ging es wunderschön ohne Autos weiter. Bis ich einen der besten Schlafplätze der Tour fand. Einen Felsüberhang über mir konnte ich bis es dunkel wurde das Panorama genießen und kochen.


Schlafplatz Nr. 1

Purer genuss, Pures Leben!

Tag 11 Gorges du Verdon - Menton (500 Meter vor It) (152,98 km)
Ich wachte mit einem Grollen auf; Es hörte sich an wie ein Gewitter. Also erst mal bis ans Ende vom Tunnel schauen, kein Regen. Naja. Einfach fahren. Weiter ging es aus der Schlucht hinaus. Dann bemerkte ich auch auf der Karte, dass man auf der Strasse die ganze Zeit entlang eines Militärischen Übungsgebietes fuhr. Dadurch erklärte sich auch das Grollen...
Durch Hügelige und schöne Landschaften ging es jetzt immer in Richtung Côte d'Azur. Der Col de Vence stellte die letzte Steigung vor kilometerlanger Abfahrt nach Nizza dar. Und dann war es endlich da, das Meer und mit ihm auch das schöne Wetter und! die Möglichkeit zu Waschen! Seit ich losgefahren bin konnte ich nicht waschen, da es eigentlich immer feucht war oder ich kein fließendes Wasser in der Nähe hatte. Also alles raus, an der Stranddusche gewaschen und an die Mobile Wäscheleine, genannt Fahrrad gehängt.

Nizza!

Nun ging es immer an der Küste entlang in Richtung Italien, durch Monaco und Monte Carlo, wobei ich mit dem Fahrrad durch den berühmten Tunnel der Formel 1 fahren konnte. Hier an der Küste muss man immer versuchen möglichst nah am Meer zu bleiben, dann findet man kleine Strassen abseits der vielen Autos.

Kurz vor der Italienischen Grenze fand ich einen Platz direkt am Meer zum Campen. Nach kochen und Duschen ging es in den Schlafsack!


Tag 12 Menton (500 Meter vor It) - Celle Ligure (137, 08 km)
Ein Tag, den Mann mit einem Bad im 5 Meter entfernten Meer startet, kann eigentlich nicht mehr schlecht werden. Weiter geht es an der Ligurischen Küste, wo ich einem mir schon bekannten Velotrail endlich mal wieder entlangfahren kann. Einfach wunderschön. Hier wurde nach San Remo die Bahnstrecke nach oben gesetzt und der verbleibende Platz direkt am Meer geteert. Das gepaart mit Rückenwind am Mittelmeer entlang ergibt eine tolle Paarung. Zudem geht es noch durch kilometerlange Tunnels. Das ganze gibt es noch 2 Mal an der ligurischen Küste aber nicht so perfekt wie dort.

Keine Kurve


Kein Licht am Ende?

Auch hier gilt die Regel: So nah wie möglich am Meer und es ist wunderschön. Einfach eine tolle Gegend, in der die direkt anschließenden Berge sicher auch sehr reizvoll sind.
So geht das bis man den Raum Genua erreicht, wo es wieder eher unschön und industriell geprägt wird. Da das Ende des Tages sich ankündigte war ich auf der Suche nach einem Schlafplatz. Der Campingplatz war mir trotz des einsetzenden Regens zu teuer, also fand ich am Ende eines weiteren stillgelegten Tunnels eine kleine Wiese, die normal als Hundewiese genutzt wird. Im Tunnel konnte ich noch unter den wachsamen Augen 2er Überwachungskameras mein Essen kochen und verspeisen und dann im dunkeln das Zelt aufbauen.
Der Regen hatte sich derweil in ein handfestes Gewitter verwandelt. In Kombination mit den Brechern von Meeresseite machte das: Eine eher unruhige Nacht. Donner, die mir das Gefühl gaben, ich stände senreckt in meinem kleinen Zelt und Blitze, die den Innenraum taghell machten verbesserten die Situation nicht gerade. Aber: Hilleberg hält was es verpricht!

Tag 13 Celle Ligure - Genova - Zug - Verona - Zévio (66.73 km)
Bei weiter schlechtem Wetter und durch Zeitdruck wegen der Kletterwoche entschied ich mich bis nach Verona mit dem Zug zu fahren. Wieder klappte alles problemlos und ich unterhielt mich bis Mailand (Umsteigen) mit einem Albanischen Fahrradpaar, die nun 2 Monate in der Nähe von Genova Campten, da er eine größere Operation machen lassen musste. Ein toller Mann, der nach der Beschreibung meines Unfalles hauptsächlich daran interessiert war, ob das Auto denn wenigstens auch so richtig was abbekommen hat:-) Wünsche Ihnen eine gute und gesunde weitere Zeit.

Nach Verona fand ich in der Nähe eines Flusses einen schönen ruhigen Platz, wo ich ungestört campen konnte. Eine reine Wohltat nach der letzten Nacht!
[img]https://picasaweb.google.com/kasperjul/A...173200781949570[/img]

Tag 14 Zévio - Venedig (Fusina) (138,87 km)
Durch unspektakuläre Landschaft ging es weiter in Richtung meines selbst gesteckten Zieles Venedig. Wenn ich schon einmal in der Nähe bin sollte ich mir das auch mal anschauen. Auf der Strecke gab es hauptsächlich wie so oft Grund sich über die Italienischen Strassenbauer, sowie Verkehrsorganisatoren aufzuregen. Nur sie bekommen folgende Dineg zustande:


Da die Kommunen die Radwege eigenständig bauen sieht man diesbezüglich recht unterschiedliche Motivationen. Hier muss man stark bremsen um dann das Rad über die Leitplanke zu heben...


Nachdem am Ortseingang meist so ein Schild oder ähnlich steht wird es als sinnlos empfunden jegliche weitere Beschilderung durch den Ort folgen zu lassen, was zu einem verfahren in jedem Ort führt. Aber dadurch sieht man immer wieder verdammt interessante Dinge!

Nachdem ich vor Venedig kurz auf der Autobahn landete und bei der Tankstelle wild gestikulierend wieder in die andere Richtung geschickt wurde richtete ich mich in dem von deutschen Pauschaltouristen völlig überfüllten Campingplatz in Fusina ein. Noch am selben Abend schipperte ich nach Venedig und ließ mich in der Stadt treiben. Wenn man sich abseits der Touristenströme bewegt ist das schon schön. Da wo alle anderen sind ist die Stadt einfach nur plastisch und man sieht kein Leben. Was ich so wichtig finde in italienischen Städten. Ich befand also die 3 Stunden, die ich dort war als genug und ließ mich mit der letzten Fähre wieder heimfahren. Hauptsächlich war das mal eine schöne Abwechslung.

Venedig

Tag 15 Venedig (Fusina) - Anduins (ca. 130 km)
Am Morgen zeigte mein Fahrradcomputer zuerst um die 70 km/h beim ruhig dahinrollen an und verabschiedete sich kurz danach mit einem gerissenen Kabel. Dadurch sind ab hier die Km Angaben nur ungenau.
Heute war nicht der Weg das Ziel, sondern nur das Ziel maßgeblich! Es standen 5 ruhige Tage mit Freunden in Anduins bevor einfach ein Traum.
Die Landschaft durch die Man auf dem Weg nach Anduins kommt ist unspektakulär schön. Kleine italienische Dörfer, wo jedes seinen eigenen Charme ausstrahlt.
Nach einer ca. 4 km langen Steigung erreichte ich dann Anduins und wurde von den Leuten auf dem kleinen Campingplatz empfangen. Es ging ziemlich sofort zu den Gumpen und die nächsten Tage waren gefüllt mit Klettern, Slacklinen, Highlinen, Schwimmen Genießen und viel Ratschen! Einfach eine tolle Zeit.
Der Campingplatz liegt kurz hinter Anduins rechts von den Kletterfelsen

Gumpen oberhalb von Anduins

Tag 16 Anduins - Plöckenpass (ca. 75 km)
Am 15.06. Nachmittags machte sich dann der ganze Trupp wieder auf Richtung Heimat. Ich auf dem Fahrrad. Erst einmal den Pass hinter Anduins bewältigen und runter nach Tolmezzo. Bei Sonnenschein ging es dann noch bei nahezu Menschenleerer Strasse auf die Passhöhe. Ein faszinierender Pass, da die Strasse einfach in die nahezu senkrechte Wand gebaut ist, wodurch die Serpentinen immer untertunnelt sind.
Auf dem Plöckenpass konnte ich ca. 500 meter neben der Strasse einen Almbauern fragen, wo ich mein Zelt aufstellen könne. Ich bekam einen perfekten Platz mit Wasser ebenem Boden.


Plöckenpass


Mit Aussicht

Tag 17 Plöckenpass - Saalfelden am Steinernen Meer (ca. 145 km)
Wieder einmal eine fetzen Abfahrt direkt nach dem Aufstehen! Durch den unvorhanden Tacho kann ich meine Geschwindigkeit nur durch das am Rand aufblinkende "70 km/h" Schild ungefähr einschätzen... Nach der Abfahrt ging es weiter immer in Richtung Großglockner.
In Heiligenblut legte ich eine Mittagspause ein und wurde promt von einem Team des ORF interviewt. Die suchten nach den schönsten Radtouren Österreichs. Auf die Frage hin, wo ich denn auf meiner Tour schon war ratterte ich eine meiner Meinung nach Kurzversion herunter, woraufhin das Gesicht des Moderators immer länger wurde, was dann im verblüfften Kommentar "Das hätte ich jetzt nicht gedacht" mündete.
Den Anstieg zum Großglockner legte ich relativ entspannt zurück, wobei ich noch einen Rumänen traf, der noch 7 km vor sich hatte und schon relativ fertig war. Auf die Frage, ob alles in Ordnung sei lachte er mir nur ins Gesicht und machte ein Foto von mir. Gemeinsam mit einem Rennradler legte ich dann die letzten Kilometer zurück wobei er verwundert nach dem Gewicht von Packtaschen und Fahrrad fragte...
Nach dem Hochtor erwartete uns dann ein fettes Gewitter. In diesem fuhr ich dann noch 2 km bis es anfing bergab zu gehen.
Bei wieder schönem Wetter konnte ich die nahezu ewige Abfahrt genießen und ließ mich dann noch vorbei am Zeller See bis fast nach Saalfelden treiben, wo ich direkt neben dem Fahrradweg im Schutze der Dunkelheit mein Zelt aufbauen konnte.


Grossglockner Hochtor

Tag 18 Saalfelden am Steinernen Meer - Bayerisch Gmain (ca. 50 km)

Heute stand die letzte Etappe an dachte ich mit einem erhebendem Gefühl. Nur noch ein Gegner, der Hirschbichlpass trennte mich vor dem wohligen Heim.
Auf dem Tauernradweg ging es erst in Richtung Lofer. In Weissbach geht es dann auf einer für Autos gesperrten Strasse ab in Richtung Hirschbichl, der im Nationalpark Berchtesgaden Österreich von Deutschland trennt. Durch meine heimische Bergkulisse ging es über 30% Steigungen immer in Bayern, was ich auf der Passhöhe auch wieder glücklich betreten durfte.

30%!


Wieder in Bayern!

Die Rauschende Abfahrt und die restlichen 20 km nach Hause waren pures Glück und bei der am Ende hervorstechenenden Sonne konnte ich es einfach nicht glauben alle Wiedrigkeiten gemeistert zu haben und wieder zu Hause zu sein.


Es war eine wunderschöne Radtour. Mit allem was man haben kann aber dadurch erfahrungsreicher als viele Touren davor. Mit dem Rad verbinden mich inzwischen ca. 1500 km und es ist gut gefahren.

Bezüglich meines Materials habe ich vor allem Schwächen in der Bekleidung festgestellt, wo jetzt schon deutlich nachgebessert wurde.

Als schönsten Abschnitt der Tour habe ich die Hâute Provence in Erinnerung. Dort werde ich sicher noch einmal eine Fahrradtour machen.

Km ges: ca. 1951

Julian
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#745274 - 02.08.11 05:49 Re: Alpentour 2011 (D, At, Ch, F, It) [Re: Kasperl]
lytze
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 333
Danke Dir für Deinen sehr lebendigen Bericht - und ich hoffe, dass Du in einer italienischen Kirche irgendwann eine Kerze für den Schutzheiligen aufgestellt hast, der bei dem Unfall bei Dir war!
Mensch - hast Du ein Glück gehabt!

Und Deine Nerven und Dein Improvisationstalent (siehe Pedalschusterei durch die Schneefelder) möchte ich haben - HUT AB!!!

Dein Bericht hat mir richtig Spaß gemacht und die Laune zu Beginn eines "normalen Arbeitstages" nach einer 3-Tagestour durch Elsaß und Westpfalz und Saarland wieder ansteigen zu lassen.

lytze
Wer schnell fährt, kann auch schnell schreiben...
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#745311 - 02.08.11 07:24 Re: Alpentour 2011 (D, At, Ch, F, It) [Re: lytze]
alder
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 231
Wow - echt geile Tour die Du gefahren bist.
Und das meiste davon mit einem improvisierten Rad. Respekt!
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#745387 - 02.08.11 10:50 Re: Alpentour 2011 (D, At, Ch, F, It) [Re: Kasperl]
SuseAnne
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 2.792
Tolle Geschichten. Und toll auch Deine Fähigkeit, einfach weiterzufahren, so, wie es halt geht, statt im Morast der Verzweiflung zu versinken.

Danke, Suse
Bitte die bestellten Buffs rasch bezahlen. Treffpunkte für die über mich laufenden Raum Stuttgart-Sammelbesteller werden demnächst bekanntgegeben!
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#745509 - 02.08.11 19:19 Re: Alpentour 2011 (D, At, Ch, F, It) [Re: SuseAnne]
phouse
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 58
Gratuliere, bärige Tour mit hohem Erlebniswert.

Gruß aus Bischofswiesen

phouse
bier2
Schnitze Dein Leben aus dem Holz, das Du hast.
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www.bikefreaks.de